Wirklich dicht besiedelt sind in Skandinavien nur die Fähren, und kaum klappen sie ihr Metallvisier in irgendeinem nordischen Hafen hoch, verteilt sich die Blechkarawane aus dem Schiffsrumpf in Windeseile auf Nimmerwiedersehen in der Weite der Bullerbü-Landschaft.

Gefühlt hat zum Beispiel ganz Schweden ungefähr so viel Einwohner wie Hamburg - und das auf ziemlich exakt der 596-fachen Fläche. Tatsächlich sind es etwa fünfmal so viele. Aber sie verstecken sich gut in einer Gegend, die aussieht, als gäbe es nur Außenalster und Stadtpark in immer neuen Variationen. Und statt Stadtpalais neben Stadtpalais an Bellevue und Schöner Aussicht steht hier weit und breit immer nur ein einsames Holzhaus am Ufer, das meistens sogar an Fremde vermietet wird. Die spielen dann vierzehn Tage lang Schwede oder Finne, Norweger und manchmal auch Däne, machen Lagerfeuer hinterm Haus, rudern vom eigenen Steg aus aufs Wasser hinaus. Dort kämpfen sie mit Fischen an der Angel, die nach der Reise bei jedem neuen Erzählen abermals ein paar Kilo schwerer werden. Namen stehen so wenig an der Tür wie bei den Alstervillen - nur hier nicht aus Diskretion oder Sicherheitserwägungen, sondern weil der Familiename im Zweifel sowieso egal ist und man sich einfach Jørg oder Øle, Mønika oder Låra nennt.

Es ist diese gewisse Einsamkeit, diese Wildnis mit Netz und doppeltem Boden, die nach Norden lockt: die Weite und Stille der Natur, diese Urtümlichkeit ganz ohne wirkliches Risiko.

Eher taucht mit allergrößter Selbstverständlichkeit ein Elch auf und zupft Wäsche von der Leine hinterm Ferienhaus, als dass man Nachbarn reden oder womöglich sogar bierselig Lieder von Lotto King Karl singen hören würde. Meistens sieht man das nächste Haus nicht mal, denn wäre es anders, würde sich der skandinavische Eigentümer unangenehm eingeengt fühlen.