Freude schenken? Geht ganz einfach: Überreichen Sie feierlich einen Gutschein für irgendetwas Ausgefallenes. Wir haben das getan und Barbara Schöneberger eine Schlagzeugstunde geschenkt. DieModeratorin und Sängerin war begeistert. Und hat jetzt den Beat.

Zum Schluss schmeißt sie ihre Haare, sie wirft sie förmlich weg und schüttelt ihr Haupt. Ihr hübsches Haupt, so gut wie Barbara Schöneberger sehen Schlagzeugerinnen eigentlich nicht aus. Eigentlich spielen Frauen gar kein Schlagzeug. Auch die Schöneberger nicht: Die singt ja. Seit ein paar Jahren erst, zuletzt mit dem "Berlin Pops Orchestra" und mit Erfolg. "Jetzt singt sie auch noch!" hieß ihre erste CD selbstironisch, und ab sofort kann man auch sagen: Jetzt spielt sie auch noch Schlagzeug, zumindest heute für das Journal. Und das gar nicht mal schlecht! Sie hat einen guten Lehrer, Sandro. Italiener aus Venedig, Englisch mit italienischem Akzent, riesige Pranken. Wie gemacht für das Bearbeiten von großen Bongo-Trommeln. Frau Schöneberger ist beeindruckt.

Und hart im Nehmen. Oder besser: Sie respektiert den Rock-'n'-Roll-Mythos. Der verlegt die erste Schlagzeugstunde immer und grundsätzlich mindestens ins Kellergeschoss. Im Falle Schönebergers kann der Ort kein besserer sein. Berlin-Friedrichshain, ein Gebäude im Hinterhof, ein Keller, in dem vor Kurzem noch wegen eines gebrochenen Rohres das Wasser stand. Wir gehen in den allerletzten von 18 Übungsräumen. Hier ist die "Drumfactory School" zu Hause, Berlins größte Schlagzeugschule. Hier weiß man, wie der Beat geht, und deshalb sind wir hier.

Mit einer neugierigen Schülerin, die noch nicht einmal die Stirn runzelt, als sie die dezent abgerockte Location sieht. Das soll hier so aussehen, wir sind ja nicht in der Klavierstunde. Bravbürgerlich sieht es auch in Schönebergers Wohnung nicht aus, in der sie später über ihre Leidenschaft, die Musik, sprechen wird. Sie wohnt im obersten Stockwerk; hinter einer breiten Fensterfront liegt Kreuzberg, der Blick schweift über Dächer und Schornsteine. Aus manchen raucht es. Barbara Schöneberger ist ziemlich gerne in Berlin, sie hat hier ihre Band. Vor drei Jahren ging das los bei ihr mit der Musik, Schöneberger hat die Chance, die sich ihr bot, genutzt. Denn sie liebt es, verschiedene Sachen gleichzeitig zu machen, stürzt sich gerne in Herausforderungen. Manchmal, gesteht sie, "hätte ich zwar auch gerne einen Bürojob, aber ansonsten gilt: Ich will Spaß haben." Und den hat sie, das spürt man. Beim Trommeln war sie sofort dabei. Klar, jeder kriegt gerne was geschenkt, aber nicht jeder will sich so in Aufgaben reinfuchsen, will dann alles wirklich gut machen. Die Schöneberger steht unter Dampf. Sie ist voller Energie, sie ist hibbelig, sie ist schlagfertig. Sie ist genau so, wie man sie aus dem Fernsehen kennt. Herrlich unverstellt - dass sie im grellen Kunstlicht des Schlagzeug-Kellers bleich aussehen könnte? Egal, "ich bin da nicht so eitel". Schöneberger trägt ein hochgeschlossenes Strickkleid, es ist schwarz. Sie schickt ein aufmunterndes Grinsen in Richtung des Schlagzeuglehrers Sandro Fusati. Der lebt erst seit ein paar Monaten in der Hauptstadt und ist Musikprofessor in seiner italienischen Heimat und jetzt ein bisschen aufgeregt, dass er eine deutsche Berühmtheit unterrichten darf. Akademische Weihen sind der Fernsehmoderatorin egal, Noten lesen kann auch sie, die keinen Titel hat.

Der Vater ist Soloklarinettist. Aber das nutzt ihr jetzt trotzdem nicht viel, die Gene sind allenfalls eine gute Basis. Sandro und seine Kollegin Kerstin Appenroth nehmen sich nun ihrer an, und Barbara sagt gleich mal: "Ich weiß, was eine Viertelnote ist." Dann verzieht sie zum ersten Mal ihr Gesicht. Sie schaut skeptisch. Das kann sie sehr gut, sie hat eine ausdrucksstarke Mimik. Große Augen, üppiger Mund, der lacht gerne. Die Decke beginnt, gefühlt zumindest, direkt über ihren blonden Locken, sie ist wie die engen Wände weiß getüncht, und nur ein paar mintfarbene Schaumstoffflächen sollen den Lärm daran hindern, sich in dem kahlen Gemäuer mit den vielen Räumen auszubreiten. Nützen aber gar nichts, auch von nebenan ist ein Rumpeln zu hören. Das kann Schöneberger auch; nun erst einmal konzentrieren. Die Schlagzeugstöcke locker in der Hand halten. Und im Rhythmus bleiben. Erst die Hi-Hat, dann die Snaredrum. "Klar kenne ich die Fachbegriffe, ich habe ja auch einen Schlagzeuger in meiner Band."

Sie ist aufmerksam an diesem Novembertag im Ostteil Berlins, nur so richtig mit Schmackes auf die getrockneten Felle hauen möchte sie nicht, obwohl Sandro sie dazu ermuntert. Schöneberger will lieber sanft klöppeln. Komisch, ist sonst eher nicht ihre Art, oder?

Barbara, schüchtern: "The neighbours?"

Sandro, mit Blick zu Kerstin: "Any Problems?"

Kerstin, bestimmt: "No!"

Richtig Schlagzeugspielen, das geht nur laut, und deshalb legt Barbara Schöneberger jetzt doch mal los. Dabei lacht sie sich halb tot. Immer dann, wenn sie aus dem Rhythmus gerät. Irgendwann meldet sich auch der Fuß. Der tut richtig weh, wenn er eine Stunde lang das Schlagzeug bedienen muss, das ist schon anstrengend. Sie steckt ihre Haare dann mal zusammen, streckt die Brust raus und holt noch einmal tief Luft - Marco zeigt ihr die letzte Übung. Seine Schülerin ist stolz: Sie kann jetzt den Basisrhythmus eines Rockdrummers. Das Becken scheppert noch mal, dann ist die Übungsstunde vorbei. Erinnerungsfoto mit dem Lehrer, Sandro ist stolz wie Bolle, er lächelt zum Abschied, und dann geht es raus aus Friedrichshain.

Über die Oberbaumbrücke nach Kreuzberg. "Aber auf meinem Autokennzeichen steht HH", beeilt sie sich zu sagen. Seit Anfang des Jahres moderiert sie die "NDR Talk Show", ein toller Job sei das, sagt sie und drückt einem die Einkaufstüten in die Hand. Am Morgen war sie noch shoppen, in der nächsten Sendung wird der Modedesigner Michael Michalsky zu Gast sein, "da muss ich doch mal in seinem Laden gewesen sein". Sie grinst.

Und eben saß sie noch auf dem Schlagzeugschemel, jetzt sitzt sie am Tisch in ihrer Wohnung und sagt: "Ich lasse mich bei dem, was ich tue, nur von meinem hedonistischen Interesse leiten." Da ist es dann erst einmal egal, ob sie im Fernsehen mit ihren eigenen Sendungen ("Blondes Gift") und Gastauftritten ("Genial daneben") die Nation bespaßt oder mit einem Augenzwinkern ("Männer muss man loben") ganz ernsthafte, richtige Musik macht - Hauptsache Abwechslung.

"Schön, wenn anderen meine Musik gefällt, aber ich singe zunächst einmal für mich selbst." Derlei Selbstbescheidung ist das eine, der Publikumserfolg das andere. Dieser Tage erscheint eine DVD ("Barbara Schöneberger - Jetzt singt sie auch noch ... Live!") unter anderem mit der Aufzeichnung eines Hamburg-Konzertes, "es ist schon toll, vor 2500 Leuten zu singen". Und genau deswegen bleibt Barbara Schöneberger weiter ehrgeizig. Sie wirkt zwar wie ein Kumpel zum Pferdestehlen, kann aber, wenn's drauf ankommt, schon mal Grenzen ziehen. Zum Beispiel, wenn ihr zwei weibliche Fans auf Schritt und Tritt folgen. "Da sag' ich dann schon irgendwann: Lebt euer eigenes Leben."

Ihr eigenes Leben lebt sie wiederum in Hamburg und Berlin. Die Unterschiede? Liegen vielleicht wirklich auf der Straße. Wo die Hamburger höflich Abstand halten, bestürmen sie der spezielle Berliner Charme und die frivole Kreuzberger Offenheit. "Ich kenn' Disch aus Fernsehen", heißt es dann schon einmal, wenn sie durch Kreuzberg läuft.

Aber die 34-Jährige mag Berlin und seine raue Herzlichkeit, seine ehrliche Art, sie fühlt sich ja selbst im engen Keller eines schmucklosen Friedrichshainer Gebäudes wohl.

Etepetete ist Barbara Schöneberger wirklich nicht. Aber das passt auch nicht zu einer Schlagzeugerin.