Krebs-Rahmsuppe im Glas, Hummerbutter in Blech oder Labskaus in Dosen. Delikat kann auch praktisch sein. Und wie kommen diese Spezialitäten dort hinein? Ein Besuch in der Feinkost-Fabrik.

Die Köche rühren mit riesigen Schneebesen in Kesseln. Sie kochen einen Fond aus Kalbfleisch. 400 Liter fasst allein einer dieser Kochtöpfe, von denen es 22 Stück gibt. Aber nicht aus allen brodelt und dampft es. Der Geruch von gekochtem Fleisch breitet sich in der Halle aus. Maschinen dröhnen. Auf Fließbändern rattern leere Gläser vorbei. Bald werden sie gefüllt sein. Es herrscht geschäftiges Treiben in der Feinkost-Firma Jürgen Langbein in Kaltenkirchen, in der 30 Mitarbeiter beschäftigt sind.

Auf 3000 Quadratmetern Produktionsfläche werden mehr als 200 verschiedene Delikatessen hergestellt. Das Sortiment umfasst Basisprodukte wie Fonds und Pasten, delikate Suppen, Eintöpfe und Gourmet-Soßen sowie feine Ragouts, Pasteten und Fruchtdesserts. Diese werden möglichst zeitnah, nach Bedarf und Saison, zubereitet. Da ist eine gute Planung alles.

Und über die wacht Breido Radke. Der Produktionsleiter ist gelernter Koch und Lebensmitteltechniker, wie viele seiner Kollegen. "Das Besondere an der Arbeit hier ist die Verbindung aus traditionellem Handwerk und modernster Technik", sagt der 30-Jährige. Bis zu neun verschiedene Sorten können am Tag produziert werden.

Im Augenblick werden Kalbsfond und Pesto rosso zubereitet und abgefüllt. Das Fleisch, das heute früh frisch aus einer nahe gelegenen Schlachterei angeliefert wurde, hat nun lange genug gekocht. Mit riesigen Schöpfkellen wird es aus den Kesseln gefischt und in große Wannen gefüllt. Das Fleisch wird entsehnt, geschnitten und ins Kühlhaus gebracht. Daraus wird morgen Ragout fin zubereitet. Die Brühe wird zum Fond eingekocht und in Gläser gefüllt. Die Fonds dienen später als feine Basis für Suppen und Soßen. Lagerfläche gibt es kaum. Die frischen Zutaten werden sofort verarbeitet.

Ein Roboter saugt die leeren Gläser, die auf einer Palette gestapelt sind, an. Dann schwenkt er nach rechts und stellt sie auf das Fließband. Die Gläser rattern in die Abfüllanlage, wo sie mit Fond gefüllt werden. Über einen Drehteller werden Deckel in die Laufbahn gegeben und die Behälter verschlossen. Jedes verschlossene Glas muss ein Vakuumprüfgerät passieren. Das prüft, ob sich der Deckel nach innen wölbt, das Glas also luftdicht verschlossen ist.

Radke entnimmt der laufenden Produktion stichprobenartig fertige Gläser zur weiteren Qualitätskontrolle. Er sticht ein Gerät in den Deckel und misst den Unterdruck. Der Zeiger bleibt auf 220 Millibar stehen. "Das reicht aus", sagt Fischer. Seine Worte werden vom Gedröhne der Maschinen verschluckt. Die Gläser laufen weiter in den Packer. Hier werden sie mit einer Magnetplatte angehoben und in Kisten übergesetzt. Von der gegenüberliegenden Seite strömt ein intensiver Tomatengeruch herüber. Hier wird Pesto rosso in kleine Gläser gefüllt.

Ein Mitarbeiter rollt die Gläser in den Nebenraum. Dort wird etikettiert. Ein Fließband transportiert die gefüllten Gläser, die dann automatisch ihre Etiketten erhalten. Über das Band geht es weiter. Immer sechs Gläser gehören in einen Karton. Auf das Paket kommt wiederum ein Etikett. Die Kartons werden auf Paletten gestapelt und mit Folie umwickelt. Ein Lkw wartet bereits im Innenhof, um die Ware zur Muttergesellschaft, der Rila Feinkostimporte, zu bringen. Hier wird keine Zeit verschwendet.

Gegründet wurde die Firma 1965 vom Spezialitätenkoch Jürgen Langbein, an der Hindenburgstraße in Hamburg. Das erste Produkt war eine Krebssuppenpaste, mit der auch außerhalb der Saison Suppen und Soßen zubereitet werden konnten. 1988 baute der Hamburger den Betrieb dann in Kaltenkirchen auf. Seit 1998 gehört die Firma Jürgen Langbein zur Rila-Unternehmensgruppe. Das mittelständische Familienunternehmen mit Sitz in Stemwede-Levern hat außerdem Produktionsstätten in Griechenland und Chile. Überlieferte Rezepturen, die bis auf das Jahr 1880 zurückgehen, werden immer wieder überarbeitet und mit neuen kombiniert.

Für die Erweiterung der Produktpalette ist Alfred Fischer zuständig. In der Versuchsküche der Firma probiert der 51-jährige Leiter der Abteilung für Qualitätssicherung und Produktentwicklung neue Rezepturen aus - zunächst in kleinen Mengen. Im Regal neben ihm stehen griffbereit alle erdenklichen Gewürze, die den Raum mit ihrem Duft erfüllen.

Die Ideen für neue Rezepturen kommen von der Geschäftsführung, Helmut und Bernd Richter, selbst. Die bekennenden Gourmets lassen sich gern auf Reisen inspirieren. Trends und Anregungen geben außerdem die Marketingabteilung oder auch die Verbraucher selbst. "Sie schicken uns Briefe oder rufen an, um uns ein Feedback zu geben", sagt Fischer.

Halten er und seine Kollegen ein Gericht für gelungen, rechnet der gelernte Koch und Lebensmitteltechniker das Rezept für große Mengen hoch. Besser gesagt, er gibt die Mengen für die Zutaten in den Computer ein, und der rechnet die Mengen hoch.

In den Regalen der Versuchsküche stehen Stichproben, die aus jeder Produktion entnommen und gelagert werden. "Dies ist nötig für eine lückenlose Qualitätssicherung", sagt Fischer. Wie auch die Verkostungen, die jeden Montag stattfinden. Dann setzen sich die Mitarbeiter zusammen und probieren alle Produkte aus der Woche. Und wenn das Labskaus ist, dann freut sich Fischer besonders. Das isst er nämlich am liebsten. Richtiges Traditionsessen eben.