In der Mode ist alles erlaubt, was gefällt? Das muss nicht Gesetz sein, findet unsere Autorin. Zumindest nicht beim neuen Trend der Gummistiefel. Manchmal ist hässlich einfach hässlich. Eine Polemik.

Ein Fetisch geht um in Europa, in Deutschland. In Hamburg. Der Gummifetisch.

Es geht um jenes Gummi, das im Wortsinn mit Füßen getreten wird. Jene Teile, die sich seit geraumer Zeit vorwiegend an Damenfüßen befinden. Nicht aber an den Füßen jener Damen, die mit schwerer körperlicher Arbeit auf dem Feld Spargel stechen oder aus sonst irgendwelchen Gründen durch von Regen aufgeweichten Acker staksen müssen. Sondern an den Füßen modebewusster Frauen. Großstadtfrauen, die sich derzeit Gummistiefel in nie da gewesener Art und Form andrehen lassen. In einer ganz neuen Form. Der der Geschmacksverirrung.

Die neuen Gummistiefel sind nun bunt, mit Blümchen (Eppendorf-Variante) oder Totenköpfen (St.-Pauli-Variante) bedruckt, haben einen Pelzrand (Blankenese-Variante) oder sind mit Strass-Steinen besetzt (Eimsbüttel-Variante). Es gibt sie in allen Farben und Mustern. Designerware eben, teilweise nicht unter 150 Euro zu bekommen. Diese Stiefel haben das Landleben lange hinter sich gelassen. Nein, mon dieu! Mit den alten Landpomeranzen wollen sie nichts zu tun haben! Sie schmiegen sich an die Beine der Metropol-Madames, die sie nun guten Gewissens tragen, weil vielleicht "Marc Jacobs", "Burberry" oder sonst irgendeine Firma ihr Label aufgedruckt hat.

Zugegeben: Auf einer völlig verregneten Open-Air-Festival-Woche in Roskilde oder Scheeßel sieht man mit dem gerade total angesagten (von wem eigentlich?) Schuhwerk sicher lässiger aus (und auch patenter) als mit Lederschuhen, die nach einer solchen Woche Selbstmord in der Altkleidersammlung begehen wollen. Und angesichts des voranschreitenden Klimawandels sind die "Wellington Boots" bei tropischem Dauerregen sicher vorteilhafter als die guten Velourstiefel von Christian Louboutin. Aber muss man deshalb gleich so tun als wären die Plastikdinger mit Käsefuß-Garantie ein modisches Muss? Wohl kaum. Muss man so tun, als könnte man sie auf einer Hochzeit oder auf einem klassischen Konzert tragen? Oder bei einem Vorstellungsgespräch? Gruselig.

Nun gut, dass Kreative altbekannten Kleindungsphänomen eine Neuauflage verpassen und das dann "Retro" oder "Vintage" nennen, ist ja bekannt. Und das ist in bestimmten Fällen ja auch gut so. Denn was würden wir heute ohne Schlaghosen machen? Oder ohne die Adidas-Superstar-Sneakers? Sogar die Buntfaltenhose und den Pettycoat könnte man in diesem Zusammenhang noch durchgehen lassen. Aber für den Gummistiefel gilt: Klimawandel hin oder her, ob Edelanstrich, mit Schnalle oder mit Strass-Steinen. Ein hässliches Entlein wird nur im Märchen zu einem schönen Schwan.

Es sei denn, sie schmücken süße Kleine-Mädchen-Füße, die sie wirklich dringend benötigen. Ansonsten bleibt nur noch eins zu sagen: Stilikonen aller Länder, vereinigt euch! Und lasst euch das nicht gefallen.

Oder, ein wenig versöhnlicher gesagt: Praktisch sind die Dinger nur beim Angeln.