Ganz klar: Rauchen ist meistens verboten, ungesund und stinkt. Aber ein wenig nachtrauern dürfen wir der Zigarette doch, oder?

Man stelle sich folgende Szenerie vor: 1946, Elsa, alias Rita Hayworth, räkelt sich auf dem Deck einer Luxusyacht und steckt sich genüsslich eine Zigarette zwischen die dunkelrot geschminkten Lippen. Da eine mondäne Lady natürlich niemals selbst ein Feuerzeug in der Hosentasche herumträgt (eine mondäne Lady hat nämlich gar keine Hosentasche), lässt sie sich die Zigarette von ihrem naiven Liebhaber Michael, alias Orson Welles (alias Hayworths Ehemann im richtigen Leben), anstecken. Und das sieht so verdammt sexy und elegant aus, dass man sich kaum wundert, wie die Femme fatale Michael um den Finger wickelt und ihn ins Unglück stürzt.

Ach, vorbei. Endgültig vorbei, diese schönen Zeiten, in denen Rauchen wie im Film "The Lady from Shanghai" noch alles andere als ungesund, gelbe Finger oder Zähne erzeugend, teuer und vor allem verboten war. Zumindest in (und das muss man sich eigentlich mal auf der Zunge zergehen lassen) Bars. Zu einem Glas Brandy. Wo bitte wäre Rauchen am notwendigsten, wenn nicht in einer gottverdammten Bar? Das ist ja fast so, als dürfte es auf der Toilette nicht stinken.

Mit dem Rauchen und den Zigaretten geht es langsam zu Ende. Und das lässt sich sogar messen: Verbote und Preiserhöhungen haben den Tabakkonsum in Deutschland weiter eingeschränkt. Vergangenes Jahr sind laut Statistischem Bundesamt erneut deutlich weniger Zigaretten, Zigarren, Zigarillos und Tabakbeutel über den Ladentisch gegangen als 2007. In Zahlen: 2,8 Prozent weniger. Das sind 650 Millionen Euro.

Bevor sich der gemeine Leser, ob militanter Zigarettengegner, Ex-Raucher oder Gesundheitsguru, noch mehr erzürnt: Es ist ja grundsätzlich zu begrüßen, dass auf der Welt insgesamt weniger geraucht wird. Und natürlich war es auch in den 20er-, 30er- oder 40er-Jahren ungesund. Nur hat es niemanden interessiert. Viel interessanter war es, die Stäbchen mit rot lackierten Fingernägeln aus schicken silbernen Etuis herauszuziehen, sie in lange Zigarettenspitzen zu stecken und beim Rauchen besonders apart auszusehen. Vorbei die Zeiten, in denen man in intimer Zweisamkeit bei einer gemeinsamen Zigarette die politische Weltlage diskutierte. Oder zumindest über andere tuschelte. Und sich dabei total mondän fühlte. Vorbei die Zeiten, in denen Schriftsteller und Nutten noch Schriftsteller und Nutten waren und sich in kreativen Pausen eine Kippe anzündeten. Vorbei, vorbei, vorbei!

Aber mit dem Ende dieser Ära naht auch das Ende dessen, wofür charakterliche Schwächen wie das Rauchen wirklich stehen. Als wir Konsequenzen Konsequenzen sein ließen und unsere Lungen teerten. Als wir nicht an morgen dachten, sondern an die Zigarette danach. Als wir Risiken einfach eingingen. Und uns unsterblich fühlten.

Denn das sind wir nicht. Wissenschaftler prognostizieren einen dramatischen Anstieg von Lungenkrebsfällen bis 2020. In den vergangenen zehn Jahren stieg die Zahl der erkrankten Frauen im Alter zwischen 60 und 70. In einer Erklärung heißt es, dass es sich vorwiegend um Frauen aus der Nachkriegsgeneration handelt, die in ihrer Jugend Rauchen als Symbol für eine neu gewonnene Unabhängigkeit begriffen.

Also, was jammere ich eigentlich der Zigarette hinterher. Ich rauche ja nicht einmal. Zumindest dann nicht, wenn ich nicht gerade mit einem Glas Brandy in der Bar sitze.