Der Schauspieler mimt im erfolgreichsten Solostück Deutschlands einen Macho aus der Steinzeit. Privat ist er ein moderner Familienvater.

Hamburg. Hier ist alles eine Mischform. Das fängt schon bei der Stelle hinterm Komma an. Kristian Bader Komma Schauspieler müsste es eigentlich heißen. Aber er sei auch Kabarettist und Comedian. Eine Mischung aus hehrem Sprechtheater mit Klamauk, einem roten Faden und einer Aussage, sagt er, die zum absoluten Erfolg wurde. Wie in der seit zehn Jahren schon ständig ausverkauften Macho-Satire "Caveman" im Schmidts Tivoli. Mit Männerabend und jetzt vom 23.April an wieder in der Solo-Comedy vom Vaterwerden "Hi Dad!" gleich nebenan im St.-Pauli-Theater.

Ach ja, und im Altonaer Theater mit "Schillers sämtlichen Werken - leicht gekürzt" ist er auch und jeden Dienstag im NDR mit "das!forscht!". Eine Sendung mit der Maus für Erwachsene, sagt er. Bei alldem kocht er schnell noch den Kaffee, serviert selbst gebackenes Bananenbrot "ein bisschen wie Gummi mit Geschmack" und weist darauf hin, dass die Riesenkaffeetasse auch eine Mischform sei: Fassungsvermögen ein Viertelliter. Und als Suppentasse zu benutzen.

Das alles spielt sich im gebremsten Chaos seiner "Baderanstalt" ab. In dem magischen Hamburger Dreiländereck, wie er es nennt. Hamm, Eilbek und Wandsbek nah beieinander. Und unten an der S-Bahn-Haltestelle steht Hasselbrock. Ein Konstrukt, in dem entweder alle zuständig seien oder keiner. Behördlich gesehen, sagt er lachend. Die ehemalige Druckerei ist alles in einem. Büro, Feldlager, Küche und Probebühne. Ein Theater mit 100 Sitzplätzen, wo bis zum letzten Sommer die Literaturpräsentation "Kaffeesatzlesen" stattfand. Gleich neben dem Klavier, an dem Ideen wie "Cavemusic" entstanden, seine neue Lebensgefährtin Natalie Procaccia hingebungsvoll spielt und die sechsjährige Tochter Marie-Lotta aus seiner Beziehung mit der Bühnenbildnerin Karina Nölp erste Fingerübungen macht.

Kristian Bader, der irgendwie knubbelige Typ mit strahlend blauen Augen und frisch rasiert. "Klar, extra für Sie" - ein Mann, der auf vielen Hochzeiten tanzt. Als Übersetzer von "Caveman" und "Hi Dad", der mit Michael Ehnert zusammen das Bader-Ehnert-Kommando gründete, eine satirische Einsatzgruppe, um die Welt zu retten. Unter dem machen wir es nicht, sagt er.

Und schon verlieren wir wieder den roten Faden des Gesprächs. Lassen uns einfach drauf ein. Auf Gedankensprünge, große Worte und kleine Pointen. Kristian Bader erklärt, dass er schon immer ein Reisender gewesen sei. Und auch gleich, warum. Der Vater sei dran schuld. Ein Bundeswehrpilot, der alle drei Jahre versetzt wurde. Von Uetersen nach Bajo in Portugal, von München nach Leck hoch oben im Norden. Und ja, Münster war auch noch dran zwischendurch. Eine bewegte Kindheit, sagt er. Immer auf Achse. Irgendwie eine zerfledderte Jugend. Jeder Umzug ein Schulwechsel. Neue Mitschüler, neue Freunde, die immer erst erobert werden wollten. Durch Witz und ein bisschen Klamauk eben. Das funktionierte. Am Valentinstag sei er geboren, sagt er. Und fühle sich bei diesem zum Riesenblumenevent verkommenen Tag irgendwie im Hintertreffen.

An 15 Schauspielschulen hat er sich einst beworben. Ohne Erfolg. Chinesisch hat er studiert. Drei Semester lang. Hat in Flensburg und Niebüll Straßenmusik gemacht. Mit Freunden Bands gegründet wie Profilneurotiker, Sechs and Crime und Hörsturz. Ein gutes Stichwort. Er wolle sein Leben neu sortieren, sagt er. Kürzertreten. Es gäbe da eben Abnutzungserscheinungen nach 25 Jahren Bühnenleben. Ja, Ohrgeräusche, knackende Knie, Müdigkeit. Ein Abend auf der Bühne sei schließlich ein viertel Marathonlauf, und nicht umsonst seien damals in der Nachkriegszeit die höchsten Nahrungsrationen an Industriearbeiter und Schauspieler vergeben worden. Ach!? In echt, sagt er.

Darüber lachen wir ein bisschen. Fallen rein ins nächste Thema. Dieses "mehr Nein sagen wollen" und doch nicht können. Wenn so was richtig Gutes daherkäme wie jetzt im Sommer dieses große Kabarettfestival auf Rügen. Und dann das nächste Projekt noch. Was Geschichtliches. Die Zusammenhänge zwischen dem Einfall der Vandalen in Norditalien und Neckermann-Tourismus auf Mallorca.

Ach, was haben wir nur alles abgehandelt! Kindererziehung. Gutmenschentum. Die Rettung der Umwelt. Die Botschaft, die er so vehement auf der Bühne vertreten hat. Er fahre ein Erdgasauto, sagt Kristian Bader, kaufe Sachen erst, wenn sie notwendig sind und nicht nur möglich. Kaufe beim Schlachter um die Ecke und nicht in Supermarktketten. Und Tomaten erst, wenn sie hier um die Ecke mit Liebe gezüchtet wurden. Und ja, an die Liebe glaube er auch. O mein Gott, wie kommen Sie jetzt darauf. Er steckt eben einfach an. Gut, sagt er. Also, er glaube an die Liebe. Sehe es mehr als Aufgabe denn als Geschenk. Sein Sternzeichen sei Wassermann. Mit großer Liebe zu Freiheit und Ungebundenheit. Er lehne Fremdbestimmung ab für sein Leben. Und nein!! Das mache ihn doch nicht partnerschaftsuntauglich! Partnerschaft sei ein gemeinsames Wachsen am Leben und aneinander.

Seine Hemden lasse er natürlich nicht bügeln. Nicht in der Wäscherei gleich unten, für 1,55 Euro pro Hemd und nicht von seiner Freundin. Das könne er selber. Genau wie stricken. Die ersten Babyschuhe für Marie-Lotta habe er selbst gestrickt. Hier, das ist der Beweis, sagt er aufspringend und kommt mit winzigen, roten Gebimseln zurück. Gehäkelt. Na gut, sagt er. Das könne er auch.

Und irgendwann geht es dann leider zu Ende. Dieser badersche Lebens-Rundumschlag. Eine hinreißende Mischung aus Heiterkeit, Tiefgang, Selbstreflexion. Einfach allem eben.