Heike Gätjen trifft jede Woche Menschen aus Hamburg. Heute Hadi Teherani, Architekt

Er schafft es immer wieder. Mit einem unerwarteten Schuss Selbstironie lässt er die Luft raus. Aus dieser geballten Ladung an Selbstinszenierung und sattem Selbstbewusstsein, die er gerne zelebriert. Auch hier in der schmalen, aber feinen Passage an den Großen Bleichen. Viel Marmor, Chrom und Art deco hat sie. Aber wenig Atem, Luft, Licht und Weite, sagt er. Wie sollte es auch anders sein. Sie sei ja nicht von ihm, die Galleria. Dafür lässt es sich in ihr um die Mittagszeit wunderbar Hof halten. Und das tut er gern. Hadi Teherani, einer von Deutschlands führenden Architekten, dessen gläserne Bauwerke und Stahlkonstruktionen Hamburgs Stadtbild prägen. Das Polizeipräsidium, der Berliner und der ABC-Bogen, das Doppel-XX am Heidenkampsweg, Deichtorcenter, Dockland, HafenCity am Kaiserkai und die Europa-Passage.

Hadi Teherani ist spät dran. Diese Sitzungen! Und gleich voll in seinem Element. Auf den wenigen Metern bis zum "Maral" gleich vorne rechts grüßt er nach allen Seiten. Ein kurzes "wir hören voneinander" hier, ein Händedruck da, und nein, sagt er zu Ramin, dem Bruder des Restaurantbesitzers, der ihn herzlich begrüßt, heute Abend wird er nicht dabei sein. Bei dieser Neueröffnung von . . .

Man kennt ihn in Hamburg. Das liebt und hasst er zugleich. Sagt er. Es habe in den vergangenen Jahren eine "Teheranisattheit" gegeben. Trotz der großartigen Kollegen, die viel mehr bauen würden. Aber sie seien nicht so präsent wie er. Deshalb auch sei er jetzt viel im Ausland tätig. In den Emiraten, Russland, der Türkei. Und nicht in China? Wie von Gerkan, Marg und Partner - die Konkurrenz. Nein, sagt er, man komme sich nicht in die Quere, jeder habe hier seinen eigenen Stil. Ihm sei der Flug in die Volksrepublik einfach zu lang.

Es wird ein heiteres Gespräch, das immer wieder am Rande der Nachdenklichkeit entlangschrammt. Dekoriert mit breit hamburgisch gefärbten Sprüchen wie "Man muss doch über seinen eigenen Schiet lachen können" oder "Ich bin doch nicht blöd!"

Hadi Teherani also. Der genüssliche Mittänzer auf dem Jahrmarkt der Eitelkeiten. Der gekonnte Strippenzieher hinter den Kulissen, mit dem Ohr überall dabei, aber verschwiegen und diskret, heißt es. Dieses Produzieren nach außen sei schließlich nicht nur notwendige Eigenwerbung, sondern auch Selbstüberlistung, sagt er. Eigentlich sei er zurückhaltend, schreie nicht gleich "Hier", könne abwarten. Und trotzdem sei er immer vor den anderen da. Das erinnert irgendwie an das Märchen von Hase und Igel. Hadi Teherani lacht. Ja, das sei so eine Energie, die ihn genau dahin trage, wo er hinwolle. Wie 1991, als er sein Architekturbüro Bothe, Richter, Teherani, kurz BRT, in Hamburg gründete. Gebt mir fünf Jahre, dann habe ich Hamburg im Griff, habe er zu seinen Partnern gesagt, und in fünf weiteren Jahren dann ganz Deutschland. "Das hat geklappt. Auf die Minute genau."

Hadi Teherani ist ein ruheloser Mann. Immer auf dem Sprung. Von Moskau nach Istanbul, von seinem Büro an der Ost-West-Straße nach Cannes. Voller Ideen, Pläne und, ja, auch Träume. Keine unerfüllbaren. Solche hat er einfach nicht. Nicht mehr, sagt er zögernd. Früher als Kind habe er geträumt, dass er einfach wegfliegen konnte, wenn die Situation gefährlich wurde. "Ein Spleen." Fliegen könne selbst er nicht lernen.

Ich bin doch nicht blöd, sagt er. Gegen Situationen anzurennen, die nicht zu ändern sind. Wie am Flughafen, wenn der Flieger nicht starten kann. Und diese Choleriker dann das Bodenpersonal zusammenfalten. Wie Kopierer, sagt er: Du kommst als DIN-A4 rein und als DIN-A5 raus. Grässlich. So etwas dulde er auch im Büro nicht.

Wie sind wir nur so schnell so weit weggerutscht von seinen Träumen! Das stille Wasser kommt, die Karottensuppe. Richtig, die Träume also. Er hat nur die, die er umsetzen kann. Mit Geist, Körper, Seele und strategischer Planung. An der eigenen Marke Hadi Teherani ist er jetzt dran. Ein Brand , sagt er, alles für die Sinne. Mit Architektur allein lasse sich heute kein Geld mehr verdienen. Der große Begriff Lifestyle macht es. Badewannen, Tapeten, Türgriffe, Handtücher, Raumduft, Parfum, Schmuck und selbst Mülleimer. Schöne Mülleimer natürlich. Man müsse bei all den Dingen nur die Problematik erkennen und Spaß daran haben, eine Lösung zu finden. Design gepaart mit Mehrwert sei die Geheimformel. Wie bei dem Wasserkocher, den es schon aus dem Designbüro Hadi Teherani gibt. Durchsichtig. Aus Glas, das sich rot verfärbt, wenn das Wasser heiß ist.

Was für ein nettes Stichwort. Wird bei ihm denn überhaupt noch mit Wasser gekocht? Aber ja, sagt er mit einem strahlenden, leicht lauernden Lächeln. Er sei ja schließlich Wassermann.

Das hat er gern. Und darin ist er auch geübt. Dank seiner langjährigen Lebensgefährtin, der Architektin Linda Strüngmann, die er schon aus Studienzeiten in Köln kennt. Seine Frau, wie er lieber sagt, weil er es fairer findet. Und diesen Zustand ohne Trauring, den könne er vielleicht doch nicht mehr lange aufrechterhalten. Es sei ihr aufgefallen. Nach 25 Jahren zufriedenen Zusammenlebens. Sie ist die, die ihn in den Alltag zurückholt. Wenn er gerade wieder abhebt. Hamburg in einem zu rosigen Licht sieht. Diese schöne wunderbare Stadt! Aus seinem Blickwinkel, sage sie dann. Dem aus seinem schicken Auto heraus, an der Alster entlang auf dem Weg in sein schönes Büro, dem Essen in schönen Restaurants, umgeben von Leuten auf seinem Level. Die S-Bahn fährt nach Steilshoop, sagt sie dann. Das sei auch Hamburg.

Recht hat sie, sagt er. Aber er hasse es nun mal, in einen Aufzug zu steigen, aus dem jemand vergessen hätte, seinen unangenehmen Geruch mitzunehmen. Und er liebe das gute Leben, teure Uhren, Automarken wie seinen Aston Martin oder den Mini, aus dem er alles "Babyhafte" rausgenommen und rundherum neu designt hat. Frei nach Teherani natürlich. Er liebe das eben, sagt er. Tolle Verpackungen, interessante Marken, gutes Essen und Menschen, die etwas Neues einbringen. "Ich mach nur noch Sachen, die mir gefallen. So löse ich das Problem."

Dann erzählt er von seiner Mutter, die meint, dass er sich verändert habe. Er, der als Kind jeden verteidigt und alles verschenkt habe. Ich bin wahrscheinlich strenger geworden, sagt Hadi Teherani. Gehe meinen eigenen Weg. Und verschenken würde er nur noch Zeit, das höchste Gut. Bei seinem Terminkalender. Hier, sagt er, und zieht zum Beweis ein zusammengefaltetes Blatt Papier aus der Tasche. Gibt einem am Tisch stehen bleibendem "Hinz & Kunzt"-Verkäufer schnell noch eine Handvoll Kleingeld und lehnt sich dann entspannt zurück. Wir können weitermachen, sagt er. Der nächste Termin ist erst um vier.

Also reden wir noch darüber, dass er keinen Alkohol trinkt. Nicht aus religiösen Gründen, als Moslem, sondern um sich selbst Grenzen zu setzen. "Für die Bodenhaftung." In einer Welt, in der man alles erreichen, in jede Richtung schwimmen kann. Darüber, dass er an Gott glaubt, egal wie er heißt. Ihn aber nie um etwas bitten würde, weil da erst andere drankämen mit viel schlechteren Lebensbedingungen. Dass er irgendwie kein guter Familienmensch sei, weil er einfach nicht genügend Zeit investiere. In die Eltern, die beiden Brüder und ihre Familien, die Neffen und Patenkinder.

Er amüsiert sich noch ein bisschen über den immer wieder gehörten Vorwurf, dass er absolut nicht hanseatisch sei. Zu extrovertiert, ein bisschen zu protzig. Und das ihm, sagt er, der den Pelz nie außen tragen würde. Sowieso nur einen kleinen Pelzkragen hat. Der das richtige Understatement bei seinen Einstecktüchern bewahre. Niemals im selben Muster wie die Krawatte! Er schüttelt sich fast vor Entsetzen. Hier, sagt er, so ist es richtig: lässig gefaltet und der Rand fein abgestimmt auf die Anzugfarbe. Und die braunen Schuhe? Ein Ausrutscher? Nein, sagt er und öffnet die Anzugjacke, passend zum Gürtel. Irgendwann kommen wir dann auf die Kois, die japanischen Brokatkarpfen, die er zu Hause im Teich hat. Mit klangvollen Namen. Der weiße "Corbi", nach dem Schweizer Architekten Le Corbusier. Der schwarze "Mies", nach Mies van der Rohe. Und "Giorgio", der knallbunte, nach Giorgio Armani, der es mit einer Marke in Sachen Lifestyle längst geschafft hat.

Sollte irgendwann nicht auch einer "Hadi" heißen? Gute Idee, sagt er. Aber das sollen andere machen. Er mache nur die großen Sachen. Und weg ist er. Zum nächsten Termin. Auch wieder zu spät.