Sie nennen sich Ratefüchse, und ihr Ziel ist der Hauptgewinn: Jeden Montag trifft sich eine Gruppe des Vereins New Generation, um gemeinsam das Abendblatt-Sommerrätsel zu lösen.

Dietgard Schiewe, zünftig bekleidet mit Strohhut und Streifenhose, ist perfekt organisiert. Als erstes gibt die 67jährige jedem in der Gruppe "Ratefüchse" einen Klebestreifen mit seinem Namen darauf, dann zählt sie zackig durch und gibt das Motto der Gruppe bekannt: "Einsam bist du klein, aber gemeinsam werden wir die Lösungen finden." Die neun Frauen und ein Mann um sie herum nicken eifrig und schwenken die Journal-Seite mit den ersten Sommerrätsel-Fragen. Die meisten von ihnen versuchen seit Jahren, das knifflige Stadt-Rätsel allein zu lösen, aber kaum eine hat bis zum Schluß durchgehalten.

"Deshalb hatte ich die Idee, daraus ein Veranstaltungsangebot für unsere New-Generation-Mitglieder zu machen", sagt Dietgard Schiewe. "Wir treffen uns jetzt jeden Montag um zehn im Rathausfoyer und erkunden die Fragen in Kleingruppen." Die Bibliothekswissenschaftlerin organisiert seit Jahren ehrenamtlich Gruppenausflüge für New Generation, einen Hamburger Verein für Menschen über 50, die Lust auf Kultur, Sport und vor allem Geselligkeit haben.

Die Rätselfreunde werden schnell warm miteinander. Im Kreis stehen sie vor dem Rathaus und tauschen erst mal die Antworten aus. Die ehemalige Kriminalbeamtin Christa Bäßler präsentiert sichtbar stolz ihre fünf Lösungen. "Bei meinem Ex-Job liebe ich natürlich Rätsel. Nachfragen, nachprüfen, das ist mein Element", erklärt sie.

Doch Wortführerin Dietgard Schiewe hat bereits eine andere zur Rätselkönigin des Tages erkoren: Die 83jährige Heidi Getzlaff hat sieben von zehn Fragen gelöst. "Wir hatten am Wochenende ein Familientreffen. Da haben wir die Fragen mit dem Wissen von verschiedenen Generationen beantwortet", sagt die Rentnerin und hakt sich fröhlich bei ihrer Tochter Sigrun Hendricks (60) ein. Die beiden freuen sich auf eine Schnitzeljagd durch die Stadt. "Ich finde es toll, daß sich hier so viele Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund treffen", sagt Hendricks. Etwas abseits im Schatten beobachtet der einzige Mann der Runde, Wolfgang Fischer (77), das aufgeregte Treiben: "Eigentlich begleite ich nur meine Frau, aber Ausflüge wie diese machen mir auch Spaß."

Schon um Viertel nach zehn muß Dietgard Schiewe vermelden: "Wir haben alle Fragen bis auf eine gelöst. was machen wir jetzt?" "Wir könnten zum Bonbon-Laden gehen", schlägt eine Frau vor, doch eine andere wirft ein: "Die Frage mit dem Cafe ist doch noch unklar, entweder ist es das Engelchen oder das Wirth. Laßt uns das doch klären." Allgemeine Zustimmung, die Gruppe macht sich auf den Weg zur Mönkebergstraße.

Marlies Graefe hat einen begründeten Verdacht und eilt auf ihren Turnschuhen voran. "Mein Mann hat gesagt, ich soll herausfinden, wo es dieses Riesenkuchenstück gibt, das im Abendblatt abgebildet ist", sagt die ehemalige Reedereikauffrau. Lust, selber mitzukommen, hatte ihr Mann allerdings nicht. Männer sind bei den Veranstaltungen von New Generation eindeutig in der Minderzahl, nur bei technisch ausgerichteten Kursen oder einem Börsenvortrag tauchen mal mehr als ein oder zwei auf. "Frauen sind einfach sozialer und aktiver", sagt Marlies Graefe.

Im Cafe Wirth entdeckt sie sofort den Erdbeerkuchen von der Rätselseite und den Pächter des Ladens. "Sie sollten statt Kännchen Kaffee auch mal Tassen anbieten", empfiehlt sie ihm gleich. Frau Graefe war schon oft in dem 130 Jahre alten Cafe. "Mit meiner Mutter bin ich immer hier reingegangen", sagt die gebürtige Hamburgerin. Auf der Straße deutet sie auf das C&A-Gebäude. "Da war auch mal ein schönes Cafe."

Der Rest der Gruppe diskutiert derweil den nächsten Ausflugspunkt. Das Bonbon-Thema wird erneut abgewürgt, statt dessen wollen die meisten sich das futuristische Docklands-Gebäude an der Elbe anschauen - auch dazu gab es eine Rätselfrage. "Also da fahren wir am besten mit dem Bus hin", gibt Schiewe vor, die sich diesmal jedoch nicht durchsetzen kann. Die U-Bahn findet nach rund zehn Minuten Diskussion die meiste Zustimmung.

Vor dem Glaspalast sagt eine Frau dann voller Begeisterung: "Das sieht ja toll aus." Marlies Graefe schaut nur kurz auf und sagt trocken: "Na ja, es stört hier nicht." Und erntet schallendes Gelächter.

Bei Wasser und Apfelschorle mit Blick auf das Docklands beschließen die "Ratefüchse", auf jeden Fall die nächsten Wochen dabeizubleiben. Einen Wunsch hat Dietgard Schiewe allerdings noch: "Wenn einer von Ihnen die Kreuzfahrt gewinnt, dann denken Sie an mich. Ich biete mich für den zweiten Mitfahrplatz an."

Infos zu New Generation und der Rätselgruppe unter Tel.: 040 / 27 81 67 67.