Dierk Strothmann über die eigenartige Kombination aus Eislauf und Tennis

So lange ist es eigentlich noch gar nicht her, dass der "Eisbahnverein vor dem Dammthor" eine etwa vier Hektar große Wiese zwischen Mittelweg und Rothenbaumchaussee sowie Hansa- und Hallerstraße pachtete. Das war 1886, und da war das Gelände nur ein unbebautes Stück Land.

Der Eisbahnverein wollte seinen Mitgliedern im Winter das Kurven auf Kufen ermöglichen. Und im Sommer? Da hatte man einer mit Kindern spielenden englischen Gouvernante ein neues Spiel abgeguckt: Tennis. Eine ideale Kombination, denn die Sandplätze konnten im Winter leicht unter Wasser gesetzt werden.

Den Anfang machte der 1890 gegründete und bereits 1906 wieder aufgelöste "Pöseldorfer Lawn-Tennis-Verein". 1891 kam der "Harvestehuder Lawn-Tennis-Club" hinzu. Die Mitglieder kamen zum größten Teil aus der Oberschicht, die sich seit dem Großen Brand von 1842 in immer größerer Zahl in Harvestehude angesiedelt hatte. Und die rümpften schon die Nase, wenn einmal jemand, der nicht in Harvestehude wohnte, an "ihrer" Alster spazieren ging.

Man kann sich vorstellen, wie diese "feinen" Leute die Nase rümpften über das johlende Getümmel gleich nebenan, wo es seit 1899 das "Velodrom Rothenbaum" gab, ein für damalige Verhältnisse gigantisches Sportzentrum rund um eine Radrennbahn. Aber der Boom war schnell vorbei. Auch ein letzter Versuch, die schönen Bahnen wenigstens zum Rollschuhlaufen zu benutzen, scheiterten. Schon 1911 fielen die Sportanlage und ihre Einrichtungen wie Cafés, Billardräume und das Restaurant der Spitzhacke zum Opfer. Was sollte jetzt mit dem Filetstück geschehen?

Den nördlichen Teil pachtete der "Hamburger Fußball Club von 1888", ein Freizeitverein von ein paar Untersekundanern des Wilhelm-Gymnasiums, die mal gegen eine Lederkugel treten wollten. Im Süden nahm der Krieg den Stadtvätern die Entscheidung ab. Der Erste Weltkrieg erforderte einen großen Truppenübungsplatz. Da nahm man halt das Gelände am Rothenbaum.

Danach wurde dort wieder Tennis gespielt; und Hockey mit einem neuen Pächter, dem "Harvestehuder Hockey-Club". Bald reichte der Platz nicht mehr, sodass sich die Hockeyspieler ein neues Gelände suchten und es an der Barmbeker Straße fanden. Man schloss sich zusammen und nannte sich "Harvestehuder Tennis und Hockey Club" (HTHC) - womit die Frage beantwortet ist, warum ein in Winterhude ansässiger Club "Harvestehude" im Namen führt.

Den Eisbahnverein gab es noch bis 1933, dann löste er sich auf. In Hamburgs Sportgeschichte hinterließ er unübersehbare Spuren, denn aus den beiden Eisbahnvereinen vor dem Dammtor und auf der Uhlenhorst sind vier große Hamburger Tennis- und Hockeyclubs entstanden, die es heute alle noch gibt: Der HTHC, der "Club an der Alster", der "Uhlenhorster Hockey-Club" (UHC), der 1920 von Uhlenhorst nach Hummelsbüttel zog, seinen Namen aber wie der HTHC mitnahm und der "Uhlenhorster Klipper" (später nur "Klipper"), seinem Nachfolger an der Heinrich-Hertz-Straße.

Und da war ja noch der andere Pächter, der sich seit 1919 "Hamburger Sport-Verein" nannte. Auch dessen Herz schlug bis zur Einführung der Bundesliga 1963 am Rothenbaum, der Wiege des Sports in dieser Stadt.