Paternoster: Ein paar von den Dingern gibt es ja noch, zum Beispiel in der Finanzbehörde, im Sloman-Haus oder im Axel-Springer-Verlag.

Aber es werden immer weniger. Dabei war und ist der Paternoster ein pfiffiges Transportmittel. Wie im Bergbau die Kohle und gleich den Gebeten des Rosenkranzes (Vaterunser = Paternoster) werden pausenlos Menschen nach oben oder unten transportiert, schnell, unkompliziert und entgegen der weit verbreiteten Meinung auch relativ ungefährlich.

Man muss ein wenig aufpassen und den richtigen Zeitpunkt erwischen beim Ein- oder Aussteigen, sollte einigermaßen in Form sein, aber ansonsten gibt es mit dem Paternoster kaum Probleme. Für Menschen, die in Fahrstühlen unter Anfällen von Klaustrophobie leiden, sind Paternoster geradezu ein Geschenk. Denn falls der wirklich einmal stehen bleibt, kommt man relativ schnell raus, dazu muss nicht einmal die Feuerwehr gerufen werden. Diese allerdings sieht Paternoster mit eher gemischten Gefühlen. Anders als bei normalen Fahrstühlen, bei denen geschlossene Türen als Brandschutz dienen, kann sich ein Feuer über Paternosterschächte schnell von einem Stockwerk ins andere ausbreiten.

Als ich noch Kind war, und das ist schon ziemlich lange her, wurde uns eingeschärft, ja nie durch den Keller oder über den Boden zu fahren. Man würde dann auf der anderen Seite kopfüber rauf- oder runterfahren, eine Idee, die vor einiger Zeit "Verstehen Sie Spaß" übernahm. Wir fuhren natürlich trotzdem ganze Runden. Mit klopfendem Herzen. Und ohne Kopfstand.

Fast wäre es für das Gefährt endgültig aus gewesen. 1974 wurde für Deutschland ein Einbaustopp entschieden, und 2004 sollten die letzten Paternoster stillgelegt werden. Aber der Bundesrat entschied, dass die bestehenden sich weiterdrehen dürfen - regelmäßige Wartung vorausgesetzt.

Warum ich das erzähle? Nun, weil es wieder einmal unsere schöne Stadt war, in der zuerst auf dem europäischen Kontinent Paternoster eingesetzt wurden. 1883 wurde in London in der Zentralpost der erste der Welt für den Personentransport benutzt, und schon kurz darauf wurde er in Hamburg in den nagelneuen Dovenhof eingebaut, der dann am 1. Mai 1886 in der Brandstwiete eröffnet wurde. Es war kein Zufall, dass der Dovenhof in Sichtweite der Speicherstadt entstand, die ebenfalls in jenen Jahren auf den Resten des abgerissenen im 17. und 18. Jahrhundert gewachsenen Gängeviertels hochgezogen wurde.

Der Dovenhof war für damalige Zeiten sehr gut ausgestattet. Er hatte eine Dampfheizung sowie elektrisches Licht. Vor allem machte es die schon beim Kaispeicher A bewährte Bauweise möglich, statt tragender Wände Säulen zu benutzen, dass die Mieter ihre Räume, wie in modernen Bürotürmen, individuell gestalten konnten. Eine lange Lebensdauer hatte der Dovenhof nicht. Schon 1967 wurde er abgerissen und auf dem Gelände wurde 1969 das Redaktionsgebäude des Spiegel errichtet. Einen "neuen Dovenhof" gibt es übrigens auch. Er liegt ein paar Meter weiter nördlich auf der anderen Seite der Willy-Brandt-Straße, die früher einmal Ost-West-Straße hieß. Paternoster haben beide Gebäude nicht ...