Seit 40 Jahren rettet der Top-Agent die Welt vor dem Bösen - mit Charme, Stil, Sexappeal. Und immer im Dienste Ihrer Majestät.

"Was ich noch sagen wollte, 007. Ich habe in dieses Wägelchen ein paar nette kleine Extras eingebaut. Gehen Sie vorsichtig damit um!" - "Sie kennen doch meine Fahrweise." - "Eben. Deswegen!" Dialog zwischen "Q" und James Bond in "Der Spion, der mich liebte"

Der Mann wird einfach nicht älter. Er überlebt die haarsträubendsten Abenteuer, er umgibt sich seit vier Jahrzehnten mit den schönsten Mädchen. Nur das Beste ist ihm gut genug: die Anzüge, die Autos, die technische Ausrüstung. Wenn er jemals schlafen würde, wäre die Welt längst untergegangen. Sein Name ist Bond, James Bond. In seinem Reisepass steht unter "besondere Merkmale": keine . Dabei sollen seine rechte Wange kleine Narben zieren und auf dem rechten Handrücken Spuren einer Hautverpflanzung erkennbar sein. Vor 40 Jahren kam der erste Streifen um den Agenten Ihrer Majestät in die Kinos: "Dr. No", gedreht auf Jamaika zu Zeiten der Kuba-Krise. Seither hat die magische Ziffernfolge 007 weltweit 3,5 Milliarden Dollar an den Kinokassen eingefahren. Aus der "Licence to Thrill" ist eigentlich eine Lizenz zum Gelddrucken geworden. Die langlebigste und erfolgreichste Kino-Serie, die es je gab. Am 28. November läuft "Stirb an einem anderen Tag" an, die typisch simpel-deutsche Übersetzung von "Die Another Day". Pierce Brosnan, der aktuelle Bond, muss uns alle diesmal gegen einen nordkoreanischen Bösewicht verteidigen und darf dafür mit Oscar-Gewinnerin Halle Berry ins Bett steigen. Weil die Queen bei der offiziellen Premiere in London zugegen sein soll, dürfte diese Szene auch nicht heißer ausfallen als der gerührte (nicht geschüttelte) Martini. Eigentlich ist James Bond sogar noch ein Jahrzehnt älter. Ian Fleming brachte 1953 "Casino Royale" in die Buchläden, den ersten seiner 14 Romane um den britischen Gentleman-Agenten. Dieser literarische echte Bond, ein Schotte übrigens, ist Jahrgang 1924 - wäre heute also längst im Ruhestand. Der Film-Bond ist ein einsamer Solokämpfer, der in einer drastisch veränderten Welt immer noch den Glanz und Ruhm des längst vergangenen britischen Empire pflegen muss. Er kämpft für das, was er selbst vorlebt: die Freiheit, seine Drinks, Autos und Frauen selbst auszuwählen. Das opulente Buch "James Bond - die Legende von 007" zeigt, wie ihm das Kunststück gelang, mit der Zeit zu gehen, aber immer der Gleiche zu bleiben. Denn seinen Stil ändert dieser James Bond nie. Allenfalls die Wodka-Marke - von Smirnoff zu Finlandia - oder auch das Feindbild: Die Kalten Krieger werden heute von lateinamerikanischen Drogenbossen oder skrupellosen Terroristen abgelöst. Als Harry Saltzman und Albert Broccoli 1962 den ersten Bond produzierten, war die (westliche) Welt noch klar in Gut und Böse getrennt. Der Schauspieler musste ein Nobody sein - nicht weil die Idee größer bleiben sollte als ihr Darsteller, sondern weil sie schlicht nicht das Geld hatten. So schieden die ursprünglichen Kandidaten Richard Burton, David Niven, James Mason, Patrick McGoohan und sogar Cary Grant aus. Saltzman interpretierte die Bondsche Doppel-Null nicht - wie der britische Geheimdienst - als Lizenz zum Töten, sondern als preiswerte Nullnummer. Deshalb wählte er einen Darsteller, der vorher Seemann, Bodybuilder, Aktmodell und Milchmann gewesen war, der zu allem Überfluss noch ein Haarteil auf dem Kopf, dafür einen üppigen Pelz auf der Brust trug und dem zuvor nur kleinere Rollen vergönnt waren: Sean Connery, immerhin ein Schotte. Er musste sich zuerst mit 6000 Pfund Gage begnügen. Für viele ist der erste auch der einzig wahre Bond, der noch mit 53 den knackigen Liebhaber spielte. Connery wusste: "Bond wurde erfunden, als die Menschen nach Luxus hungerten." Seine Nachfolger wurden seither aus dem ganzen britischen Sprachraum rekrutiert: George Lazenby war Australier, Roger Moore Engländer, Timothy Dalton Waliser, Pierce Brosnan ist Ire. Und dann gibt es da noch einen US-Schauspieler namens Barry Nelson, dem manche Statistiker das Prädikat des "ersten Bond-Darstellers" zubilligen. Denn der hatte schon 1954 in einem CBS-Fernsehfilm einen Glücksspieler verkörpert, Jimmy Bond. Der Guardian spekuliert schon, wer denn nach Brosnan (immerhin schon 49) der nächste Bond sein könnte: Rupert Everett, Russell Crowe oder gar Hugh Grant? Bond bleibt also immer Bond, nur mit neuen faltenfreien Gesichtern. Drei Elemente des 007-Mix sind aber variabel und werden zum Schaulaufen der Stars: die Musik, die Bösewichter und das, was Bond am meisten liebt - die Frauen. Madonnas Dancefloor-Titel des neuen Bond-Streifens hat sich sehr weit vom pompösen Donnerhall der frühen Filme entfernt. Shirley Bassey oder Tom Jones, Paul McCartney oder Carly Simon, A-Ha oder Duran Duran, Rita Coolidge oder Tina Turner - sie alle hielten sich mehr an kitschige Ohrwürmer. Weil die Rolle des ewig guten James Bond kaum Platz für charakterliche Ausprägungen ließ, waren die Rollen der Bösewichter immer reizvoller - "und sie bekommen die besseren Texte", sagte Roger Moore. Zum britischen Selbstverständnis passt es, dass mit Gert Fröbe, Curd Jürgens und Gottfried John gern mal deutsche Edelschurken verpflichtet wurden. Zur klaren Unterscheidung darf das Böse auch gern hässlich sein. Und dann: die Girls. Wenn Halle Berry im weißen Bikini wie einst Ursula Andress im ersten Bond-Film als Schaumgeborene dem Meer entsteigt, schließt sich ein 40-jähriger Kreis. "Hier kann ich ganz einfach Frau sein", sagt Berry. Bondfehler.de listet im Internet 55 Bond-Gespielinnen auf, von Karin Dor und Diana Rigg über Grace Jones bis Kim Basinger und Sophie Marceau - 27 brünette, 24 blonde und 4 rothaarige. Die Liaisons hielten höchstens einen Film. Wie sagte Bond? "Bitte bleiben Sie am Leben - wenigstens diese Nacht!"

Zum Weiterlesen : James Bond. Die Legende von 007; Scherz Verlag, 320 Seiten, 65 Euro. Alastair Dougall: James Bond - Geheimagent 007; Dorling Kindersley Verlag, 144 Seiten, 20,50 Euro. Alexander Smoltczyk: James Bond, Berlin und Hollywood - Die Welten des Ken Adam. Nicolaische Verlagsbuchhandlung, 240 Seiten, 24,90 Euro.

DIE JAMES-BOND-FILME Titel Jahr Darsteller Einnahmen James Bond jagt Dr. No 1962 Sean Connery 60 Mio. Liebesgrüße aus Moskau 1963 Sean Connery 79 Mio. Goldfinger 1964 Sean Connery 125 Mio. Feuerball 1966 Sean Connery 141 Mio. Casino Royale 1967 David Niven 25 Mio. Man lebt nur zweimal 1967 Sean Connery 112 Mio. Im Geheimdienst Ihrer Majestät 1969 George Lazenby 65 Mio. Diamantenfieber 1971 Sean Connery 116 Mio. Leben und sterben lassen 1973 Roger Moore 126 Mio. Der Mann mit dem goldenen Colt 1974 Roger Moore 98 Mio. Der Spion, der mich liebte 1977 Roger Moore 185 Mio. Moonraker - streng geheim 1979 Roger Moore 203 Mio. In tödlicher Mission 1981 Roger Moore 195 Mio. Octopussy 1983 Roger Moore 184 Mio. Sag niemals nie 1983 Sean Connery 138 Mio. Im Angesicht des Todes 1985 Roger Moore 152 Mio. Der Hauch des Todes 1987 Timothy Dalton 191 Mio. Lizenz zum Töten 1989 Timothy Dalton 156 Mio. Goldeneye 1995 Pierce Brosnan 351 Mio. Der Morgen stirbt nie 1997 Pierce Brosnan 335 Mio. Die Welt ist nicht genug 1999 Pierce Brosnan 352 Mio. Stirb an einem anderen Tag 2002 Pierce Brosnan ? in US-Dollar (Quelle: James Bond/Scherz Verlag). ** keine Filme der offiziellen Serie.