Im Foyer eines ehemaligen Einkaufszentrums an der Großen Bergstraße in Altona lädt jetzt das "Kultwerk West" zu Lesungen, Diskussionen, Ausstellungen ein. Die Macher des neuen Kulturhauses arbeiten ehrenamtlich. Die Idee dazu hatte eine Juristin: Sigrid Berenberg-Putzier (54).

JOURNAL: Was brachte Sie darauf, das "öffentliche Wohnzimmer" in Altona einzurichten?

SIGRID BERENBERG-PUTZIER: Wir sind eine Gruppe von zehn unternehmungslustigen Leuten, die ein breites Kulturprogramm in den eigenen Stadtteil holen wollen. Wir sagen im Scherz: die Alster-Hamburger haben ihr Literaturhaus, die Elb-Hamburger hatten bislang nichts dergleichen.

JOURNAL: Wieso sind Sie ausgerechnet in einen hässlichen Betonklotz gezogen?

BERENBERG-PUTZIER: Das grobe Konzept hatte ich aus Spaß mal für eine leerstehende Villa in Othmarschen geschrieben. Doch mit konkreteren Plänen suchten wir einen Ort in der Nähe des Bahnhofs Altona und fanden das Foyer des ehemaligen Einkaufszentrums. Die riesigen Räume mit hohen Decken und Lüftungsrohren wirken rohbaumäßig, aber das hat seinen Reiz und passt zu dem rauen Straßenbild.

JOURNAL: Warum arbeiten Sie nicht mehr als Strafverteidigerin?

BERENBERG-PUTZIER: Ich habe in den elf Jahren als Strafverteidigerin sehr viel mit Gewalt und Elend zu tun gehabt. Zu meinen Klienten gehörten nicht nur Mörder oder Einbrecher, ich habe auch viele Jahre sexuell missbrauchte Kinder vertreten. Als ich dann Mutter wurde, merkte ich, dass ich berührbarer wurde. Ich wusste, ich kann nicht mehr gut arbeiten, wenn mir selber irgendwann übel wird angesichts der Gewalt und des Unglücks der Opfer.

JOURNAL: Sehen Sie sich jetzt als Anwältin der Kunst?

BERENBERG-PUTZIER: Sich einsetzen für die Sache oder den Menschen, das war mir immer wichtig. Da tue ich auch gerne ein bisschen mehr.

JOURNAL: Für die erste Veranstaltung im "Wohnzimmer" spendeten Besucher Stühle, wie idealistisch muss man für so ein Projekt sein?

BERENBERG-PUTZIER: Man muss schon optimistisch sein und gerne was mit Menschen machen. Wir alle haben Berufe, ich arbeite als selbstständige Veranstaltungsmanagerin. Und ich engagiere mich schon lange für Künstler. Ich organisiere etwa Ausstellungen mit Sponsoren. Dann kommt der Erlös verkaufter Werke vollständig den Künstlern zugute.