Zwei französische Meeresbiologen tauchen in Unterwasser- Regionen ab, in die sich sonst selten ein Mensch verirrt: Mit berauschenden Fotos werben sie für die Vielfalt Der Meere.

Muränen sind normalerweise nicht die Traumpartner einer Tauchtour. Wenn Pierre Descamp vor der französischen Mittelmeerküste auf vier neugierige Muränen trifft, sieht das so entspannt aus, als erzählten sie ihm gerade einen dreckigen Witz. Auf einem anderen Foto lässt er sich von einem 80 Zentimeter großen Sonnenblumenseestern vor Kanada umarmen. Und er hat sogar ausprobiert, ob Putzergarnelen auch Tauchern die Zähne putzen (ja, tun sie). Ob in einem Meter oder in 55 Meter Tiefe - im Meer gibt es immer wieder Begegnungen der anderen Art.

In ihrem Bildband "Planet Meer" haben die tauchenden Meeresökologen Pierre Descamp und Laurent Ballesta "das Schönste und das Faszinierendste aus allen fünf Weltmeeren" zusammengetragen. Dazu brauchten sie viel Geduld: Elf Jahre liegen zwischen dem ältesten und dem jüngsten der insgesamt 400 Fotos. Den beiden Tauchern ergeht es wie Wildlife-Fotografen an Land: Stundenlang ist man vor Ort, bis die gewünschten Hauptdarsteller aufkreuzen - oder eben (noch) nicht. Aber mehrere Stunden hintereinander im Wasser auszuhalten, kostet Kraft. Viele der Fotos entstanden "mit klammen Fingern und gefrorenen Lippen", berichten sie.

"Planet Meer" ist auch das Ergebnis einer alten Männerfreundschaft. Descamp und Ballesta lernten sich 1993 beim Studium an der Universität von Montpellier kennen. Beide hatten keine Lust, nur für Fachkreise zu forschen und zu tauchen. Meeresökologie soll lebendig und für eine breite Öffentlichkeit nachvollziehbar sein, sagen sie. 1999 gründeten sie die Gruppe L'il d'Andromède (Auge der Andromeda), eine Art Agentur zur Meeresaufklärung.

Deshalb ist "Planet Meer" eine Einladung zum besseren Verständnis der verschiedenen Meere. Projektpartner und Kollegen der Weltnaturschutzunion IUCN haben einige Hintergrundartikel zu Fischerei, Aquakulturen, Klimaveränderungen oder Meeresschutz beigesteuert.

Denn vieles in der unendlichen Unterwasserwelt erschließt sich uns Landbewohnern nicht einfach so - "das Meer braucht Dolmetscher." Warum sehen manche Fische aus wie Pflanzen, andere wie Steine oder Stofffetzen? Warum können einige gar nicht schwimmen? Warum sind so viele im Scheinwerferlicht leuchtend rot? Warum sieht das Meer blau aus? Warum ist der Mangrovenwald so empfindlich? Als Meeres-Dolmetscher charakterisieren Ballesta und Descamp Arten und ihre Nischen, beschreiben die Entstehung mariner Lebensräume, erzählen aber auch Anekdoten aus ihrer Arbeit. Klar, sie sind Meeresexperten. Aber vor allem sind sie Enthusiasten - das merkt man Fotos und Texten an. Staubtrocken bleibt man unter Wasser ja nie.