Die Deutsch-Afrikanerin Joy Denalane, 33, Queen des deutschen Soul, hat ihr zweites Album aufgenommen - mit englischen Songs. Ein Interview mit der Sängerin aus Berlin-Kreuzberg über Sprache, Soul und No-Go-Zonen in Deutschland.

JOURNAL: Auf Ihrer neuen CD Born & Raised, die am 11. August erscheint, kehren Sie zur englischen Sprache zurück. Wollen Sie nach Deutschland nun den Rest der Welt erobern?

JOY DENALANE: Ich war vor einiger Zeit nach New York eingeladen. Vor einem Publikum zu singen, das mich nicht versteht, war mir unangenehm. Das gab Anlaß, meinen Freund Sekou Neblett ins Spiel zu bringen, einen Amerikaner und sehr guten Texter. Nach einer Woche hatten wir sechs englische Titel im Kasten. Ich habe mich gefragt, ob das alles richtig ist. Immerhin habe ich mir hier etwas aufgebaut als deutschsprachige Sängerin. Die Bedenken waren aber bald vom Tisch, weil ich gelernt habe, als Künstlerin keine Kompromisse zu machen.

JOURNAL: Ist Englisch besser geeignet für eine Soul-Sängerin?

DENALANE: Gemeine Frage! Englisch entspricht viel mehr den Hörgewohnheiten und ist die natürliche Sprache, in der der Soul entstanden ist.

JOURNAL: Wie sind Ihre Erfahrungen?

DENALANE: Ein schönes Gefühl, vor Publikum zu spielen, das mich noch nie gehört hat, wo ich mir alles erkämpfen muß.

JOURNAL: Diesmal haben Sie mit amerikanischen Musikern gearbeitet. Was machen die anders als deutsche Musiker?

DENALANE: Die Arbeit mit den Amis, vor allem Schwarzen, die den Soul mit der Muttermilch aufgesogen haben, fühlt sich natürlich an. Ich möchte aber nicht sagen, daß sie besser sind, es gibt auch in Deutschland tolle Leute. Es war eine schöne Erfahrung, in Amerika zu arbeiten. Wer dort mal eine Messe miterleben durfte, wird das so bald nicht vergessen.

JOURNAL: Was haben Sie von den Amerikanern gelernt?

DENALANE: Mehr Selbstvertrauen. Außerdem habe ich noch mehr verinnerlicht, den richtigen Moment abzupassen, bei dem man als Sängerin losläßt und sich von der Stimmung tragen läßt.

JOURNAL: "Heaven Or Hell" ist ein Duett mit dem HipHop-Star Reakwon vom Wu-Tang Clan, der das Stück geschrieben hat. Wie kamen Sie zusammen?

DENALANE: Im Zeitalter des Internet ist es leichter geworden, solche Kontakte zu bekommen. Für "Heaven Or Hell" wollte ich gleich niemand anderen als ihn.

JOURNAL: Das Lied "Change" handelt von Politikverdrossenheit. Warum ist das Thema einen Song wert?

DENALANE: Viele wollen von heute auf morgen die Welt verändern und wundern sich, wenn es nicht klappt. Leider hat sich auch eine Haltung breit gemacht, überhaupt nichts mehr ändern zu wollen. Aber die Welt steht auf vielen Säulen, man kann nicht alle auf einmal umstoßen. Veränderung wird nicht von Regierungen gemacht, das hat man ein Stück weit selbst in der Hand. Ich kann Politikverdrossenheit nachvollziehen. Aber es nützt niemandem, dabei zu erstarren.

JOURNAL: Was denken Sie als Afro-Deutsche über No-Go-Zonen in Ostdeutschland?

DENALANE: Mich hat gewundert, wie die Medien den ehemaligen Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye kleinhackten, weil er WM-Besucher mit einer anderen Hauptfarbe davor warnen wollte, bestimmte Gebiete in Brandenburg aufzusuchen. Die Bedrohung existiert nämlich tatsächlich! Ich als anders Aussehende würde niemals in die Ballungsgebiete der Rechten gehen. Ich habe aber das Gefühl, auf politischer Ebene gibt es mittlerweile das Eingeständnis, daß Deutschland ein Einwanderungsland mit multi-ethnischer Gesellschaft ist. Bei der WM konnte man sehen, wie bunt dieses Land wirklich ist. Deutschland ist nicht gleich groß, blond, blauäugig. Deutschland bedeutet auch Bereicherung.