Die Eigenwilligkeit steht ihr ins Gesicht geschrieben. Dementsprechend kommt auch die Musik von Anja Garbarek nicht von der Stange. Die Norwegerin mit dem bekannten Namen - der Jazz-Saxophonist Jan Garbarek ist ihr Vater - läßt nach vier Jahren Pause gleich mit zwei Alben aufhorchen. Von ihr stammt der Soundtrack zu Luc Bessons schwarzweißem Leinwandmärchen "Angel-A", das am 25.5. in die Kinos kommt, und sie hat gerade ein neues Soloalbum mit dem Titel "Briefly Shaking" auf den Markt gebracht.

Anja Garbarek spielt kein Instrument. Aber sie hat ja diese Stimme, die sie in selbstgeschriebene Songs einbettet. Ihre Stärke sind die Balladen. Aber Vorsicht: Einschmeichelnd singt sie zu beruhigenden Melodien oft bitterböse Texte und erzählt dunkle Geschichten. Krimis und Horrorschmöker nennt sie neben Kate Bush, Laurie Anderson und Billie Holiday als Inspirationsquellen. Texte sind ihr besonders wichtig, sie schreibt immer zuerst die Lyrics, dann die Musik. Bei der experimentierfreudigen Umsetzung hat ihr der isländisch-norwegische Musiker Gisli geholfen. Island? Björk? Genau. Mit der ist sie auch schon verglichen worden.

Das freundlich klingende "Can I Keep Him" basiert auf einem Buch über einen Serienmörder. "Sleep" erzählt von einer Frau, die in einem unterirdischen Bunker gefangengehalten wird. "The Last Trick" ist die düstere Vision des Verlusts ihrer Stimme.

Die hat ihr norwegisches Label einst als verletzlich, traurig, zart und schön beschrieben. Dabei wollte die 1970 geborene und bei Oslo aufgewachsene Musikertochter eigentlich zum Film und Theater. Mit 16 Jahren ging sie zur Schauspielschule. Aber als sie dort bei einem Musical auftrat, bekamen Vertreter der Plattenindustrie gleich ganz große Ohren. Was letztlich 1992 zu ihrem Debütalbum führte.

Zwischenzeitlich lebte sie in England, aber nun hat sie ihren Lebensmittelpunkt wieder nach Norwegen verlagert. Vier Jahre Zeit ließ sie sich seit ihrem letzten Album, in der Zeit ist sie Mutter geworden. Wie sie das wohl mit ihrem Vorsatz vereinbart, unberechenbar sein zu wollen? Das dürfte ihrer Tochter kaum gefallen. Apropos Eltern: Anjas Ex-Erziehungsberechtigter Jan hat bei den Arrangements mitgeholfen.

Anja Garbarek. Briefly Shaking (Virgin). OST Angel-A (EMI); Internet: www.anjagarbarek.com