Männer und Frauen sagen etwas, meinen aber jeweils etwas anderes - und sie hören auch etwas anderes. Klingt ulkig, ist aber so. Und kaum jemand kann es so schön erklären wie der Showmann und seine scharfäugige Mitautorin in ihrem neuen Buch “SieundEr“. Ein Kapitel lesen Sie hier als Vorabdruck.

SIE

Zwischen dem, was man meint, und dem, was man sagt, ist der Unterschied oft größer als zwischen einem Buschmann und einem Börsianer. Trotzdem kann man beide als Menschen erkennen, auch wenn's beim Börsianer schwerfällt. In extremen Fällen ist zwischen dem Gemeinten und dem Gesagten nicht mehr die leiseste Spur von Ähnlichkeit zu entdecken, weil es krasse Gegensätze geworden sind, so wie JA und NEIN.

Warum ist das so? Da die Krone der Schöpfung weitgehend in der Lage ist, der eigenen Meinung sprachlichen Ausdruck zu verleihen, muß es triftige Gründe dafür geben, es nicht zu tun. Betrachtet man die Kommunikation einmal aus verkehrstechnischer Sicht, wird eine Hemmung begreiflich. Das Gesagte ist dabei eine Ampel, die grün zeigt und den Verkehr fließen läßt. Das Gemeinte dagegen ist die rote Ampel, die den Verkehr auf der Stelle stoppt.

Am praktischen Beispiel wird es einleuchtend. Antwortet er auf die Frage "Liebst du mich noch?" mit Ja, geht das Leben wie gewohnt weiter. Antwortet er mit Nein, hört der Verkehr auf.

Das Gemeinte, die ureigene Empfindung oder Überzeugung, wird also mit Rücksicht auf funktionierende menschliche Beziehungen zurückgehalten. Das ist allerdings keine angeborene Fähigkeit, denn bei kleinen Kindern sind das Gemeinte und das Gesagte noch deckungsgleich. Erst wenn ein Kind in der Lage ist, zum Beispiel "Onkel Max stinkt" zu verkünden, erfährt es, daß man so etwas nicht in dessen Beisein sagen kann, auch wenn es stimmt. Es lernt dann, daß der Inhalt des Gemeinten nicht zu kraß in die Formulierung des Gesagten einfließen darf. Sagt es beim nächsten Mal: "Onkel Max duftet komisch", hat es die erste Lektion begriffen.

In der Pubertät erlebt der junge Mensch einen hormonell bedingten Rückfall, und spontaner Wahrheitsdrang läßt dem Gemeinten sprachlich wieder freien Lauf. Die einfache Frage der Mutter "Wohin gehst du?" zum Beispiel wird gerne mit "Oh Mann, du nervst!" beantwortet, was wiederum Ärger nach sich zieht, nur ärger als in Kindertagen. In dieser Phase trainiert der Jugendliche Lektion 2, den selbstverantwortlichen Umgang mit Gemeintem und Gesagtem. Sie endet ungefähr mit der Erlangung des Führerscheins und der ersten festen Beziehung.

Spätestens jetzt wird dem jungen Erwachsenen klar, daß all seine Kenntnisse für eine befriedigende Liebesbeziehung untauglich sind. Die Verständigung mit dem anderen Geschlecht wird erneut zu einem sprachlichen Drahtseilakt ohne Netz und doppelten Boden. Fragt die Freundin erstaunt "Willst du wirklich am Samstag zum Fußball?" und antwortet er darauf freudig "Ja, klar, ich hab' auch schon 'ne Karte", kann es passieren, daß sie "Ich versteh' dich nicht" antwortet und er ratlos überlegt, was daran großartig zu verstehen ist und warum sie plötzlich so zickig reagiert. Hier beginnt Lektion 3, in der man lernt, daß zur souveränen Handhabung von Gemeintem und Gesagtem in Liebesbeziehungen ein spezielles Gespür dafür entwickelt werden muß, hinter dem Gesagten des Partners das Gemeinte herauszuhören. Fragt die Freundin erstaunt: "Willst du wirklich am Samstag zum Fußball?", so sollte er das Gemeinte, in diesem Fall "Das kann doch nicht dein Ernst sein!", besser gleich mithören und seine Antwort so formulieren, daß sein Gemeintes ("Ja, klar") weitgehend unerkannt bleibt, wie z. B. in der Antwort: "Eigentlich würde ich viel lieber mit dir zusammensein, aber der Günni hat doch schon vor Wochen die Karten besorgt", weil sie darauf nicht so sauer reagiert.

Diese Lektion hat es in sich, auch deshalb, weil die Geschlechter in ihrem Mitteilungsdrang unterschiedlich stark motiviert sind. Frauen neigen eher zu einer Formulierungs-Virtuosität beim sprachlichen Verpacken des Gemeinten, von der Männern sogar schwindelig werden kann. "Liebling, die Sonne scheint so schön, laß uns doch ins Einkaufszentrum fahren, ich muß dir unbedingt was zeigen." Im Gegenzug sind Männer den Frauen oft zu einsilbig, um nicht zu sagen langweilig in ihrer Verschlüsselungspraxis: "Schatz, ich glaube, es ist kein Bier mehr im Haus."

Drängt trotzdem das Gemeinte an die Oberfläche - was man nicht verhindern kann, denn das Unbewußte spricht ständig mit - und beantwortet er z. B. die Frage "Wie findest du meine neue Frisur?" mit "Na ja", droht ein sofortiger Crash. Selbst wenn er "Na ja" nur gesagt hat, um Zeit zu gewinnen, wird er nicht umhinkommen, blitzschnell neue Wege zu suchen, um die verfahrene Situation zu retten. Beschwichtigungen, phantasievolle Erklärungsmodelle, Lügen und sogar Schwüre werden eingesetzt, um das Gemeinte aus der Welt zu schaffen. Alles zwecklos - in intimen Beziehungen kann das Gemeinte nicht durch später Gesagtes aufgehoben werden.

Es ist unmöglich, das Gemeinte ungemeint zu machen, erst recht nicht, indem man sagt: "Aber Schätzchen, ich hab's doch nicht so gemeint."

ER

Einer der Gründe dafür, daß Beziehungen nicht funktionieren, ist, daß Frauen Sprache anders codieren und decodieren als Männer. Ein Beispiel: Robbie Williams, bekannt aus Funk, Fernsehen und Drogenszene, holte bei "Wetten dass?" zwei junge Damen aus dem Publikum, Steffi und Melanie, auf die Couch und verbrachte dortselbst einen kleinen Teil seines Lebens mit ihnen. Beide schwärmten anschließend übereinstimmend: "Er riecht so lecker nach Rauch und Schweiß."

Die Folgen sind noch gar nicht abzusehen. Viele Männer aller Altersgruppen decodieren diese Aussage männlich, also falsch, hören auf, sich zu waschen, und fangen wieder an zu rauchen, in der trügerischen Annahme, die Partnerin werde ähnlich reagieren wie bei Robbie. Arme Irre.

Was Steffi und Melanie meinten, war natürlich etwas völlig anderes: Wir lieben Robbie. Verliebte Frauen fallen mental in die Steinzeit zurück. Urhordenfeeling. Der Mann kommt verschwitzt von der Jagd zurück und knallt sich ans Lagerfeuer. Die Frau entbeint derweil geschickt das Hochwild und weiß: Nach dem Essen schleift er mich an den Haaren in die Höhle und nimmt mich von hinten, denn die Missionarsstellung ist ja noch nicht erfunden. Macht nichts, er ist ja so . . . so . . . robbiesk.

Natürlich ist das Dummchen nur Opfer eines neuronalen Feuerwerks, wie es in allen Verliebten abbrennt. Dopamin, Noradrenalin, Prolaktin, Luliberin und Oxytozin. Phenylathylamin macht blöd und gefügig, die Endorphine geben uns den Rest. Diesen Zustand nennt der Psychologe Limerenzphase , er dauert so um die drei Monate an, dann kehrt der Mensch langsam auf den Boden der Tatsachen zurück.

Natürlich beeinflußt er auch das Sprachverhalten. Nehmen wir an, der Mann stößt sich beim Einsteigen ins Auto den Kopf. Während der Limerenzphase wird die Frau sagen: "Oh, Schatzilein, hast du dir wehgetan?" Danach wird derselbe Vorfall so kommentiert: "Ohhhhhh, jedesmal dasselbe, kannst du nicht aufpassen?"

Bei 120 auf der Autobahn platzt ein Reifen, aber es geht noch mal gut. Limerenzphase: "Oh, du bist so toll, du hast uns gerettet!" Danach: "Das ist alles deine Schuld!"

Natürlich unterscheidet sich auch in der Nachherphase das männliche Denken und Sprechen stark vom weiblichen. So lernt ein Mann, der eine Beziehung eingeht, z. B. das Wort Kompromiß neu. Nehmen wir an, er hat Geburtstag. Er möchte 50 Leute einladen, sie 150. Also einigt man sich auf 150. Oder nehmen wir den Kreuzweg des Mannes, besser bekannt als Schaufensterbummel. Der weibliche Teil der Lebensgemeinschaft bekommt dann einen Blick, daß man unwillkürlich meint, Jagdhörner zu hören. Im limbischen System der Frau bleibt wieder mal kein Stein auf dem anderen. Und dann sagt der Mann: "Aber du hast doch schon so viele Schuhe."

Dieser Satz ist weder grausam, brutal oder auch nur unsensibel, er ist auch inhaltlich sicherlich richtig, aber er ist etwas viel Schlimmeres, er ist geradezu rührend blöd. Er belegt nämlich die Unvereinbarkeit von zwei Standpunkten und führt natürlich zu einer empfindlichen Beziehungseintrübung.

Auch zwischen Männern und Frauen, die nicht in einer Beziehung stehen, können unterschiedliche Befindlichkeiten die Kommunikationsfähigkeit stören. Ich war letztens in einer großen, wunderschönen Spielwarenhandlung, um ein Reiseschachspiel zu kaufen. Die junge, zugegeben auch hübsche Verkäuferin drehte mir noch etliches mehr an. Beim herzlichen Abschied gab sie mir einen Spielwarenprospekt mit den Worten: "Falls Sie mal was für Ihre Kinder oder Enkel brauchen."

Tränenblind verließ ich die Klitsche und hatte noch tagelang zu kauen an dem, was bei mir angekommen war: "So, Opa, nun verpiß dich und geh sterben." Dabei war alles, was ich hätte hören wollen: Sie riechen aber lecker nach Rauch und Schweiß!