Gehen die Ideen langsam aus? Hollywood setzt vor allem auf Fortsetzungen und Remakes. Aber auf ein paar Projekte dürfen sich Film-Fans trotzdem freuen.

Am 6.6.2006 würde im Kino der Teufel los sein - wenn es nach den Wünschen der Studiobosse von 20th Century Fox ginge. Für die ist das Datum mit den drei Sechsen so verlockend, daß sie an diesem Tag ein Remake des Horrorklassikers "Das Omen" ins Kino schicken, damit die Zuschauerzahlen wieder in die Höhe getrieben werden. Ob die Rechnung mit der Teufelszahl 666 aber wirklich aufgeht, bleibt abzuwarten.

2005 war von "Kinokrise" die Rede, nachdem die Einspielergebnisse um mehr als 20 Prozent gesunken waren. Jetzt wird nach Schuldigen gesucht. Liegt es an den Multiplexen, die als unpersönliche Film-Abspielstätten empfunden werden? Oder am Raubkopieren aktueller Kinofilme aus dem Internet? Wahrscheinlicher ist, daß die wirtschaftliche Rezession nun die Kinobranche erreicht hat. Die Leute haben weniger Geld, was in Hollywood jedoch nicht als Grund akzeptiert wird. Dort glaubt man zu wissen, daß gerade in schlechten Zeiten Ablenkung im Kino gesucht werde, und so wird weitergemacht wie bisher: Massen von Remakes und Fortsetzungen werden aufs Kinovolk losgelassen.

Wolfgang Petersen etwa sitzt momentan an dem Schiffsunglück der Poseidon, die schon 1970 kieloben über die Leinwand schwamm. Sein deutscher Regiekollege Oliver Hirschbiegel ("Der Untergang") wurde mit "The Visiting" betraut, der vierten Wiederbelebung jener außerirdischen Körperfresser, die diesmal von Nicole Kidman aufgehalten werden (Kinostart: 12.10.). Weitere Remakes berühmter Gruselfilme folgen mit "The Fog" (12.1.) und "The Hills Have Eyes" (im Sommer). Auch die Fortsetzungswelle schwappt weiter auf uns zu: mit "Saw 2" (9.2.), "Final Destination 3" (13.4.) und "Scary Movie 4" (20.4.).

Die Jugend mag aber nicht nur Horror im Kino, sondern auch Comics. Das verhilft dem Mann mit dem roten Cape in "Supermans Rückkehr" (17.8.) zu neuen Ehren. Halle Berry darf mit Hugh Jackman in "X-Men 3" (25.5.) schon zum dritten Mal die Welt retten.

Daß Hollywood immer noch auf ein junges Publikum setzt, ist fatal. Denn neueste Studien beweisen, daß die 15- bis 25jährigen lieber vor der häuslichen Spielkonsole oder vorm Fernseher sitzen. Kinofreudig geblieben sind hingegen die über 30jährigen. Diese nicht unwesentliche Zielgruppe will man im nächsten Jahr mit Adaptionen erfolgreicher Romane locken. So hat sich Bob Marshall an Arthur Goldens "Die Geisha" (19.1.) gewagt: Die Geschichte einer blauäugigen Japanerin, die zuerst viele Erniedrigungen erleiden muß und dann in den obersten Kreisen verkehrt, wurde mit den Hongkong-Stars Ziyi Zhang, Michelle Yeoh und Gong Li besetzt. Gespannt sein darf man auch auf Ron Howards Umsetzung von Dan Browns Verschwörungsgeschichte "The Da Vinci Code" (18.5.) mit Tom Hanks, die in Deutschland unter dem Buchtitel "Sakrileg" herauskam. Patrick Süskinds Kriminalgeschichte "Das Parfüm" über einen Mörder im Frankreich des 18. Jahrhunderts galt über 20 Jahre als unverfilmbar - jetzt will uns Tom Tykwer ("Lola rennt!") das Gegenteil beweisen. Seine Verfilmung kommt am 14.9. ins Kino.

Das größte Geschäft an der Kinokasse wird aber immer noch mit familientauglichen Komödien und Trickfilmen gemacht, weil dann gleich mehrere Kinokarten auf einmal gelöst werden. Remakes wie "Der rosarote Panther" (9.3.) mit Steve Martin und "Räuber Hotzenplotz" (30.3.) mit Armin Rohde in den Titelrollen, Fortsetzungen von "Ice Age" (6.4.), "Bambi" (27.4.) und "Garfield" (10.8.) haben gute Chancen auf ein großes Publikum.

Sicherlich wird auch Tom Cruise mit "Mission Impossible 3" (4.5.) nochmals ordentlich absahnen können, genauso wie Johnny Depp mit "Fluch der Karibik 2" (27.7.) und Otto Waalkes mit "7 Zwerge - Der Wald ist nicht genug" (26.10.). Ob aber Sharon Stone mit "Basic Instinct 2" (9.3.) und Colin Farrell in der Kinofassung von "Miami Vice" (3.8.) alte Erfolge wiederholen können, bleibt fraglich. Spätestens hier wird deutlich, daß der US-Filmindustrie langsam die Ideen ausgehen. Die großen Studios setzen auf bewährte Ware und wohlklingende Titel alter Filmklassiker, TV-Serien oder Bucherfolge.

Glücklicherweise hat ein Trend immer einen Gegentrend zur Folge. Es gibt noch engagierte Regisseure, die das Kino nicht nur als Unterhaltungsmaschine verstehen, sondern ebenso als Spiegel von Gesellschaftskonflikten und Zeitgeschehen. Sam Mendes ("American Beauty") behandelt in "Jahrhead" (5.1.) den ersten Golfkrieg, Steven Spielberg untersucht in "München" (26.1.) die Hintergründe des Terroranschlags bei den Olympischen Spielen 1972. Oliver Stone arbeitet gerade an einem Film über den 11. September 2001 mit Nicholas Cage als New Yorker Polizist (Start 31. 8., noch kein Titel). Paul Greengrass ("Die Bourne Verschwörung") rekonstruiert in "Flight 93" (27.4.) den Todesflug der am 11. 9. 2001 von Terroristen gekaperten Maschine, die in Pennsylvania zerschellte.

Wem das alles doch zu nah an der Wirklichkeit ist, der darf sich auf das 21. Bond-Abenteuer "Casino Royale" (23.11.) freuen. Der Spion, den alle lieben, versteht es schon seit über 40 Jahren, politische Lagen so zu ironisieren, daß der Unterhaltungsgrad wieder geradegerückt wird. Pierce Brosnan mußte seine Lizenz allerdings an den Newcomer Daniel Craig abgeben. Craig ist der sechste Bond-Darsteller. Ob wenigstens das ein gutes Omen ist?