Wenn heute ein Rockmusiker als "Woodstock-Veteran" bezeichnet wird, schwingt in diesem Ausdruck immer ein leicht mitleidiger Ton mit. "Rock-Opa" wäre zu despektierlich, meint aber genau das. Neil Young war 1969 in Woodstock dabei, zusammen mit Crosby, Stills & Nash, doch nie würde man auf die Idee kommen, Young als "Woodstock-Veteranen" zu bezeichnen. An diesem Wochenende feiert er seinen 60. Geburtstag, aber verglichen mit seinen Mitstreitern von einst ist Young ein Jungspund - immer noch voller Energie, bereit, Neues auszuprobieren und Risiken einzugehen. "Diese Jungs denken, daß Musik im Jahr 1975 aufgehört hat", sagte er zum Beispiel über C, S & N.

In den 90er Jahren, als Young die wütenden und lauten Alben "Ragged Glory" und "Arc/Weld" herausbrachte, avancierte er zum Idol der jungen Grunge-Generation. Mit Pearl Jam nahm er das Album "Mirrorball" auf und ging mit ihnen auf Tournee, Nirvana-Sänger Kurt Cobain zitiert in seinem Abschiedsbrief eine Zeile aus Youngs Song "My My Hey Hey (Out Of The Blue)": "Its better to burn out than to fade away." Der Respekt voreinander war gegenseitig: In einem Interview mit dem Magazin "Mojo" sagt Young: "Kurt Cobain war einer der absolut Besten aller Zeiten."

Was den am 12. November 1945 in Toronto geborenen und in Winnipeg aufgewachsenen Sänger und Gitarristen auszeichnet, ist seine kreative Unberechenbarkeit. Dabei ist Neil Young nie ein Trendsetter gewesen, eher ein monolithischer Eigenbrötler. Folk und Country haben ihn von Jugend an beeinflußt. Einen Teil seines Schulweges mußte er zu Fuß an einer Bahnstrecke gehen, an der es eine Hütte für Hobos gab, jene Landstreicher, die auf fahrende Züge aufsprangen und sich so von Ort zu Ort bewegten. In vielen seiner Songs beschreibt er die Weite der Prärie, nicht zuletzt in seinem aktuellen Album "Prairie", mit dem er eine Trilogie aus "Harvest" (1972) und "Harvest Moon" (1992) beschließt.

So sanft diese Lieder klingen, so laut wird es, wenn der auf einer Ranch in Kalifornien lebende Rockstar, der in seiner Karriere mit "Heart Of Gold" nur einen einzigen Nummer-1-Hit hatte, seine E-Gitarre einstöpselt und mit Crazy Horse spielt. Ein Beispiel für diese Wucht und Energie konnten die Zuhörer im Sommer 2001 im Hamburger Stadtpark erleben, als das Quartett auf engstem Raum zusammenstand und einen hochkonzentrierten und magischen Auftritt hinlegte. Passend zu seinem 60. Geburtstag erschien vor einigen Woche eine akribisch recherchierte Biographie, die der Kulturjournalist Edo Reents geschrieben hat (Rowohlt Berlin, 304 Seiten). In Hamburg würdigt der Schauspieler Haye Graf diesen einflußreichen Rockmusiker im Sprechwerk mit einem 1-Mann-Rocktheater. "Helpless" heißt der Abend nach einem Neil-Young-Song. Er könnte aber auch - nach einem Dylan-Song - "Forever Young" heißen.

Helpless 1-Mann-Rocktheater mit Haye Graf, sa, 12.11., 20 Uhr, Hamburger Sprechwerk (Klaus-Groth-Straße 23), Karten: 12 Euro.