Als Mirjam Müntefering mit 28 ihren ersten Roman veröffentlichte, sagte die Pressefrau des Verlages: "Schade, daß Sie nicht mit dem Müntefering verwandt sind." Sie war es doch.

Heute ist die 36jährige froh, es damals ohne den Namen ihres berühmten Vaters (den man übrigens auf der vorletzten Silbe betont) geschafft zu haben. Elf Bücher hat sie seither geschrieben, Erwachsenen- und Jugendromane mit fünfstelligen Verkaufszahlen, und einen Ratgeber über Hundeerziehung. "Ich komme aus einem Haushalt, in dem viel gelesen wurde", erklärt sich Mirjam Müntefering ihre Vorliebe für Geschriebenes.

Dabei hatte sie als kontaktfreudiger Mensch zuerst am Theater arbeiten wollen, sie spielte sogar am Schauspielhaus Bochum, doch die Ränke gefielen ihr nicht. "Was vorne auf der Bühne angeprangert wird, findet hinter den Kulissen genau so statt", erinnert sich Mirjam Müntefering. Da studierte sie lieber Filmwissenschaften, volontierte bei einer Produktionsfirma. Beim Kinderkanal entdeckte sie ihren Spaß am Fabulieren - und entschied sich fürs Schreiben.

Ihre Romane sind allesamt leichte Kost: ein bißchen Klatsch, ein bißchen Neid und Liebesleid. "Ich bin ja eine Spartenschreiberin", sagt Mirjam Müntefering unbekümmert. Ihre Leserschaft ist weiblich, mit einem hohen Anteil an lesbischen Frauen. Auch ihre Heldinnen kennen die Verwirrungen der sexuellen Identität. "Ich hab' da schon ein bißchen Verantwortung", findet die Autorin, "vor allem mit den Jugendbüchern. Nicht alle Mädchen hatten es so gut wie ich."

Mirjam Müntefering und ihre Schwester wuchsen in einem liberalen Haushalt auf. "Bei uns zu Hause durfte man nicht sagen: Der da ist Ausländer und die da behindert. Das war absolut verpönt. Darum ist es mir auch später immer sauer aufgestoßen." Ihr Coming Out in der Familie, Mirjam war 19, war darum kein großes Thema. Das Nationale ein paar Jahre später hingegen schon. Soeben war ihr erstes Buch erschienen, mit dem verdächtigen Titel "Ada sucht Eva", und die Presse ging in Lauerstellung. "Ich habe meinen Vater gefragt, was ich machen soll, und der hat mir geraten, offensiv zu sein." Sie lud die Bild am Sonntag zu sich nach Hause ein, die "lesbische Politikertochter" machte einmal die Runde, das war's.

Mit ihrer Lebensgefährtin Sabine, einer Bankkauffrau, lebt sie heute im nordrhein-westfälischen Hattingen. Dort führt sie auch ihre Hundeschule "Hundherum fit". Sie hat sie selbst aufgebaut, sich in Seminaren und Kursen das nötige Knowhow beigebracht. Drei Angestellte hat sie inzwischen, und für Vierbeiner das volle Programm: Welpen-Erziehung, Hundesport und Einzelstunden. Auf ihrem Übungsgelände lernen Hunde, was Menschen wollen und umgekehrt. Schwierigere Fälle bekommen Hausbesuch von der Chefin. "Dieser Job verschlingt sehr viel Zeit", sagt Mirjam Müntefering, die selbst zwei reinrassige Cockerspaniels besitzt (Foto: Elise, l. und Lotte). Wohlerzogen, versteht sich, ganz nach dem Grundsatz, den sie Hundebesitzern einimpft: "Der Hund bleibt in der Firma lebenslang Praktikant, das muß klar sein."

Im Winter unterrichtet sie weniger, schreibt dafür mehr. Zur Zeit hat sie einen neuen Buchauftrag: "Es geht um einen Autounfall und das Thema Schuld. Ich entwickele mich weg von den einfachen Liebesgeschichten. Das ist auch mein Ziel für die Zukunft."

Nicht stehenbleiben, die Dinge in die Hand nehmen. Vielleicht ähnelt Mirjam Müntefering darin ihrem Vater, mit dem sie "eine erwachsene Beziehung" verbindet. Gerade hat Franz Müntefering seinen SPD-Parteivorsitz hingeworfen. "Natürlich hab' ich mitgelitten", sagt die Tochter mit sanfter Stimme. "Das, was passiert ist, war nicht fair. Andererseits: Ich bin stolz auf ihn. Weil es konsequent und richtig gewesen ist." Zu Weihnachten sehen sie sich wieder.