Für viele war es geradezu verstörend: Als Ulrike Folkerts im Salzburger "Jedermann" den Tod spielte, als erste Frau in 85 Jahren Festspielgeschichte, da spielte sie ihn nicht als wilden Gesellen mit hölzernen Drohgebärden. Nein, sie verlieh dem Tod eine persönliche, zärtliche Note. "Ich habe meinen Tod gefunden", sagt die 44jährige. "Mir hat hinterher jemand gesagt, er empfände das Sterben jetzt als weniger bedrohlich. Das war ein tolles Kompliment."

Nach 16 Jahren als Tatort-Kommissarin Lena Odenthal kehrte die Schauspielerin zu ihren Wurzeln zurück. Schließlich hatte ihre Karriere am Oldenburger Staatstheater begonnen. Zwei Jahre spielte sie dort, unter anderem in Ibsens "Gespenstern". Es war ihr Traum, seit sie Schauspiel studiert hatte; leicht war es nicht. Denn das Theater, als liberale Anstalt gerühmt, fühlte sich in der Praxis gar nicht so tolerant an. Als lesbische Frau lernte Ulrike Folkerts die Grenzen der Freiheit und das bedrohliche Potential sexueller Orientierung kennen. "Ich hatte das Gefühl, daß sich die Regisseure, die ja meist Männer sind, blockiert fühlen und mir keine Rollen geben." Bis sie erkannte, daß sich dahinter ihre eigene Angst verbarg. Sie entwickelte eine Strategie: Offenheit - und akribische Arbeit. "Eine gründlich vorbereitete Schauspielerin kann keiner ausgrenzen."

Ulrike Folkerts arbeitete hart, putzte viele Klinken. 1989 setzte sie sich bei einem Casting des Südwestfunks durch, drehte ihren ersten Tatort. Als erst kratzbürstige, später weichere Ermittlerin spielte sie sich in den folgenden Jahren so gründlich in das kollektive Gedächtnis der Zuschauer, daß diese sie öfter mal im realen Leben als "Frau Odenthal" ansprachen. "Diese Rolle", sagt Ulrike Folkerts, "hat mein Leben auf den Kopf gestellt. Ich wäre ohne den ,Tatort' nie in dem Maße eine öffentliche Person geworden."

Eine Bekanntheit, die für Ulrike Folkerts kein Selbstzweck ist. Die in Berlin lebende Schauspielerin ist ein Mensch mit starkem Gerechtigkeitssinn. Sie setzt sich für Schwache ein, kämpft gegen Landminen, reist in den Kosovo und nach Burundi, zu Kriegswaisen und Kindersoldaten. "Das schockiert mich, das regt mich auf. ,Humanitäre Kriegsführung!' Wer hat denn so einen Begriff erfunden?" Selbst den "Tatort" sieht sie als Denkanstoß, wenn die Zuschauer "noch am Montag drüber reden". Man könnte im Krimi aktuelle Themen aufgreifen, Tabus anpacken, politisch sein, man könnte, ja, wenn nur die Drehbücher nicht so handzahm wären, so ganz ohne den Mut anzuecken. "Wenigstens", seufzt sie, "ab und zu."

Ulrike Folkerts hat sich diesen Mut erarbeitet. Sie galt viele Jahre als schwierig, als eigensinnig. Über ihr Leben hat sie jetzt ein Buch verfaßt ("Das macht mich stark", Südwest Verlag, 240 S.; 16,95 Euro). Es war nicht ihre Idee, sie hatte Bedenken, zuviel von sich preiszugeben, und dann ist es doch ein persönliches Buch geworden. "Ich wollte nicht, daß jemand in meine Wunden haut. Andererseits konnte ich gar nicht anders, als ehrlich zu sein."

Ulrike Folkerts' Direktheit ist entwaffnend. Sie ist eine Frau, die ihre Tiefen kennt. Im nächsten Jahr spielt sie wieder den Tod im "Jedermann".

Am 17.10. ist Ulrike Folkerts "Die Leibwächterin". 20.15 Uhr, ZDF.