Es ist nicht leicht zu verlieren, aber gegen Franziska von Almsick auf keinen Fall eine Schande. Es kann ja nicht jede(r) in der obersten Liga mitschwimmen. Katja Trosien , früher Trainingspartnerin von Franziska von Almsick und heute 28 Jahre alt, machte nach neun Jahren Intensivschwimmen fünf Jahre Pause, um sich Ausbildung und Beruf zuzuwenden. Seit anderthalb Jahren schwimmt sie wieder. Jetzt holte sie beim Masters in Schweden dreimal Gold (über 800, 400 und 100 Meter Kraul) und gleich noch einmal Silber und Bronze (50 m Kraul und 50 m Delphin) dazu.

JOURNAL: Was ist der Unterschied zwischen der Europameisterschaft der Masters-Klasse und den Schwimm-Europameisterschaften?

KATJA TROSIEN: Wir sind keine Profis, trainieren nicht jeden Tag und haben noch andere Berufe. Ich arbeite im Außendienst für eine Firma im Kosmetikbereich. Vor der EM habe ich allerdings fünfmal die Woche zwei Stunden trainiert. Um dort antreten zu können, müssen wir bestimmte Pflichtzeiten erreichen.

JOURNAL: Was läuft bei den Profis anders als bei den Amateuren?

TROSIEN: Ich war 1992 in der Jugend-Nationalmannschaft. Da verfolgt man viel ehrgeizigere Ziele, man will in den B- oder A-Kader oder zu Olympia, und alles wird finanziert. Im Mastersbereich müssen wir alles selbst zahlen, zum Beispiel Flug und Unterkünfte bei den Wettkämpfen.

JOURNAL: Wie sind Sie ins Wasser gekommen?

TROSIEN: Ich konnte schon mit vier Jahren schwimmen, habe einen fünf Jahre älteren Bruder, der trainierte, und die Schwimmhalle lag direkt vor unserer Haustür. Mit fünf Jahren hab' ich dann selber angefangen, intensiver zu üben, ab zwölf dann auf Leistung.

JOURNAL: Sie waren mit Franziska v. Almsick in der Kinder- und Jugendsportschule in Ostberlin, warum sind Sie nicht beim Schwimmen geblieben?

TROSIEN: Franzi ist ein Super-talent. Sie hatte bei gleichem Training viel bessere Zeiten.

JOURNAL: Kann man da nicht neidisch werden?

TROSIEN: Sie hatte mit ihrer Größe von gut 1,80 Meter auch noch bessere Voraussetzungen als ich mit 1,72 Meter. Ich möchte aber auch nicht mit ihr tauschen. Ich weiß einfach nicht, ob man richtige, echte Freunde haben kann, wenn man so weit oben steht.

JOURNAL: Welche Eigenschaften braucht man, um vorne mitzuschwimmen?

TROSIEN: Im Wettkampf 80 Prozent mentale Stärke. Das ist mir früher nicht so gut gelungen. Man muß körperliche Voraussetzungen mitbringen wie Größe, und man sollte ein Super-Wassergefühl haben, trainieren und ehrgeizig sein.

JOURNAL: Ihr sportliches Ziel?

TROSIEN: Wenn ich zum Training komme, sagen die 12- bis 16jährigen manchmal: "Da kommt die Omi wieder." Ich hätte selbst nicht gedacht, daß ich nach der langen Pause noch mal an meine Leistung von früher rankomme. Ich würde die 100 m gerne unter 59 Sekunden kraulen. Da schaffe ich jetzt 59,37 Sekunden. Die 50 m Kraul möchte ich in weniger als 27 Sekunden schwimmen, da liege ich derzeit bei 27,76. Vielleicht habe ich ja bei der Masters-WM in San Francisco die Chance. Das wird noch ein anderes Niveau - mit den Amis.

JOURNAL: Und was wird privat aus Ihnen?

TROSIEN: Wenn sich einer traut, will ich mal heiraten.

JOURNAL: Wie kommen Sie eigentlich in Ihren hautengen Anzug?

TROSIEN: Das ist schwierig. Er muß möglichst eine Nummer kleiner sein als die übliche Größe, bei mir 34 statt 36, damit nicht irgendwo Wasser reinkommt, das bremst. Manche brauchen Hilfe, um den Anzug anzuziehen, ich mach' das allein in 5 bis 10 Minuten.