Sicher, es gibt immer mal wieder Zeiten, da weiß Jürgen Noltensmeier nicht, ob er die Miete für den nächsten Monat zusammenbekommt. Aber deswegen gleich bürgerlich werden? Niemals! Der Mann ist schließlich Schriftsteller, Maler und Musiker - und in allen drei Disziplinen außergewöhnlich begabt. Er malt graue Häuserfronten, bei denen sich der Betrachter fragt, wer wohl Seltsames dahinter wohnt, und schreibt gern über junge Typen "mit leichtem Dachschaden". Diese Kurzgeschichten, erschienen in seinem Buch "Tweedhosenastronaut", trägt Noltensmeier bevorzugt in schrägen Literaturshows vor. Auf dem Feld kennt der 38jährige sich aus: Schließlich ist der gutaussehende Westfale Mitbegründer der legendären Hamburger "Liv Ullman-Show", bei der er Ende der 90er Jahre im Club Molotow das Publikum zum Kochen brachte. "Es war unsere Spielwiese, auf der wir unsere Talente ausleben konnten", sagt Noltensmeier, der Illustration und Malerei in Hamburg und Glasgow studiert hat. Er trat als "Profi" mit Knarre und Sonnenbrille auf die Bühne und schmiß mit Torten um sich. "Dann hatte ich keinen Bock mehr auf Perücke und Pistole", sagt er.

Vor fünf Jahren zog er spontan nach Leipzig. "Ich hatte das Gefühl, ich müßte nach Leipzig, dort könnte ich mehr bewegen als im etablierten Hamburg."

In Leipzig mischte er die Literaturszene auf, wurde Gastgeber des Wuster Wesse Literaturclubs in einem alten Leipziger Kino und veröffentlichte 2002 seinen ersten Roman "Geburtenstarke Jahrgänge".

Ein voller Erfolg, besonders in seinem Heimatort Kalletal, wo alleine im dörflichen Toto-Lotto-Laden mehrere hundert Exemplare verkauft wurden, wo er seither aber auch als "Persona non grata" gilt. Hatte er doch genüßlich Wahrheit und Wahnsinn des westfälischen Provinzlebens beschrieben. "Auf einem Kalletaler Schützenfest kann ich mich als angeblicher Nestbeschmutzer nicht mehr blicken lassen", sagt Noltensmeier und muß lachen. Kein Problem für ihn, derzeit ziehen ihn seine Engagements ohnehin mehr in die Großstädte - neben Jena und Dresden auch nach Hamburg, wo er regelmäßig als Gast im Machtclub (Schauspielhaus) seine grotesken Geschichten vorträgt.

Jürgen Noltensmeier: Tweedhosenastronaut. Storys. Voland & Quist, 125 Seiten plus CD; 11,80 Euro. Und: Geburtenstarke Jahrgänge. KiWi, 208 S.; 8,90 Euro.

Der Autor liest am 30. 10. um 16 Uhr bei Kaffee.Satz.Lesen. Baderanstalt, Hammer Steindamm 62. Eintritt: 5 Euro.