Daß "die stolze Rose" oder "ein herzig's Veilchen" Dichter und Maler faszinierten, ist bekannt. Viele Künstler widmeten sich auch weniger populären Blumen. Aber wer kennt Günter Eichs Verse über Lupinen oder Peter Huchels Gedicht über einen Stadtpark? Und wer hätte gedacht, daß es Gemälde gibt, die wunderbar dazu passen? Blüten, Gärten und Parks fanden reichen Niederschlag auch in der Malerei, die "kultivierte Natur" gehörte immer zur "Genußkultur".
Der Germanist und Kunsthistoriker Dietrich Bode hat Kunst aus dem Mittelalter, Blumenstilleben, romantische Landschaftsstimmungen und impressionistische Farborgien mit passenden Gedichten kombiniert. In seinem Lyrik-Bildband "Blumen Gärten Landschaften" läßt er etwa Maria Sibylla Merians "Nelken" mit Joseph von Eichendorffs "Spaziergang" zusammenwirken ("Nelke, du reizendes Kind, wie hast du so gar nichts Bescheidnes!"). Oder van Goghs "Kornfelder mit Krähen" mit dem Vierzeiler, den Paul Celan darüber schrieb. Oder Oudrys verblühende Tulpen (links) mit Marie Luise Kaschnitz' Abgesang auf den Frühling: ein überraschend stimmiges Duett. (ju)
Dietrich Bode (Hg.): Blumen Gärten Landschaften, Philipp Reclam J., 183 S.; 34,90 Euro.
Tulpen
Wenn das blaue Maigewitter droht
Rauscht des Windes Klageruf im Tann
Durch die Beete geht der Tulpentod
Rührt die eine um die andre an.
Schöne Tulpen rot und flammenbunt
Schwarzgefleckte von der fremden Art
Die ihr länger als der junge Mond
Knospengleich auf schlankem Stiel verharrt:
Nicht vom Blitze werdet ihr gestreift
Nicht vom blanken Sensenhiebe wund
Nur, es ist ein Tag herangereift
Da ihr euch enthüllet bis zum Grund.
Und begierig den Mänaden gleich
Die des Reigens wilder Rausch berückt
Blütenblatt um Blütenblatt verzweigt
Und das stolze Haupt zur Erde bückt -
Bis ihr also wild hinübergeht
Sonne, Mond und Sternen aufgetan
Blatt um Blatt verstreuend auf dem Beet -
Rings indessen hebt der Sommer an.
Marie Luise Kaschnitz (1901-1974)