Berlin. Auch junge Menschen erkranken an Krebs: Vorzeitige Alterungsprozesse könnten eine Ursache sein – umso wichtiger ist die Früherkennung.

Die Erkrankung von Prinzessin Kate hat weltweit für großes Aufsehen gesorgt. Ihr Fall ist ein prominentes Beispiel für viele jüngere Menschen, die an Krebs erkranken. Ihre Zahl nimmt zu – und das stellt die Wissenschaft vor neue Fragen. Denn im Grundsatz gilt eigentlich das Altern als eines der wichtigsten Krebsrisiken: Je älter man wird, desto wahrscheinlicher ist es, dass man eine Diagnose erhält. Ein Paradebeispiel dafür ist Prostatakrebs, der vor dem 50. Lebensjahr kaum ein Risiko darstellt, für Männer über 75 steigt das Risiko dann um ein Vielhundertfaches.

Im Zusammenhang mit der Frage, warum immer mehr junge Menschen an bestimmten Krebsarten erkranken, ist deshalb das Phänomen des beschleunigten, biologischen Alterungsprozesses in den Mittelpunkt der Überlegungen gerückt. Kurz gesagt, die Tatsache, dass Alter nicht nur etwas mit den gefeierten Geburtstagen zu tun, sondern auch mit anderen Faktoren, die die körpereigenen Abwehrkräfte möglicherweise punktuell so geschwächt haben, dass sie mutierte Zellen nicht mehr in den Griff bekommen.

Krebsfrüherkennung: Neues Instrument, um vorzeitige Altersprozesse zu messen

Dr. Yin Cao, außerordentliche Professorin für Chirurgie und Onkologie an der Washington University, ist eine der Hauptautorinnen einer jüngst vorgestellten Studie, die sich mit diesem Phänomen befasst. Dazu haben sie und ihr Team die Krankenakten von rund 150.000 Menschen auf Auffälligkeiten hinsichtlich neun bekannter Marker für biologisches Altern untersucht. In die Berechnung flossen zum Beispiel der Anteil der Weißen Blutkörperchen und der Lymphozyten ein, die über Immunreaktionen und Heilungsprozesse Auskunft geben. Ein weiterer Aspekt war das Zellvolumen der roten Blutkörperchen: Sie werden im Alter größer, das erschwert die Sauerstoffversorgung.

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Ein Algorithmus namens PhenoAge berechnete dann auf der Basis dieser neun Werte das biologische Alter jeder Person. Ein Wert für die beschleunigte Alterung ergibt sich aus dem Vergleich mit dem tatsächlichen Alter. Im nächsten Schritt wurden diese Ergebnisse mit dem Krebsregister kombiniert, um festzustellen, bei wie vielen Personen in der Gruppe eine frühe Krebserkrankung vor dem 55. Lebensjahr diagnostiziert worden war. Es wurden fast 3.200 Fälle gefunden.

Tatsächlich fiel das Ergebnis eindeutig aus: Bei Personen, die 1965 oder später geboren wurden, war die Wahrscheinlichkeit einer beschleunigten Alterung um 17 Prozent höher war als bei älteren Generationen. Zudem zeigte sich, dass vor allem bei Lungen-, Magen- und Darm- sowie Gebärmutterkrebs ein enger Zusammenhang zwischen Hinweisen auf beschleunigtes Altern und einem deutlich erhöhten Krebsrisiko besteht. Bei Lungenkrebs ist das Risiko verdoppelt, bei Magenkrebs um 60 Prozent erhöht, bei Gebärmutterkrebs um 80 Prozent.

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Krebs: Mit dem neuen Instrument könnte die Früherkennung deutlich verbessert werden

Zusammen ergibt das ein relativ klares Bild: Jüngere Generationen haben eine erhöhte Tendenz zur beschleunigten Alterung – und das wiederum erhöht das Risiko, an Krebs zu erkranken. Die Ursachen für dieses Phänomen waren nicht Thema der Studie. Der Lebenswandel spielt aber wohl eine Rolle – soziale und Umwelt-Einflüsse, genetische Anlagen und die spezifischen Eigenschaften der betroffenen Zellen ebenfalls. Wissenschaftler sind aber davon überzeugt, dass auf der Basis des beschriebenen Modells die Früherkennung deutlich verbessert werden kann.

Menschen, bei denen beschleunigtes Altern diagnostiziert wird, könnten über einen längeren Zeitraum begleitet werden. Aus den Veränderungen an den Markern im Blut lassen sich langfristig Rückschlüsse auf bestimmte Krebsrisiken ziehen. Dadurch werde es möglich, auch bei jüngeren Menschen die Vorsorge deutlich zu verbessern. Zudem helfe die nun vorgestellte Studie bei der Entwicklung von Medikamenten, um den spezifischen Altersprozess zu bremsen. Diese Senolytika zielen darauf ab, geschädigte Zellen gezielt zu beseitigen. Das würde der Krebstherapie völlig neue Türen öffnen. (ftg)