Berlin. Zwei schwache Ernten in Folge lassen die Preise für Olivenöl steigen. Bertolli-Manager Tomislav Bucic erklärt, was die Kunden erwartet.

Olivenöl wird oft als „flüssiges Gold“ bezeichnet. Wie wahr. Die Preise kennen seit Langem nur eine Richtung: nach oben. Die Firma Bertolli ist der weltweit größte Anbieter von Olivenöl – und Tomislav Bucic (52) ihr Generalmanager für Nordeuropa. Im Interview verrät er, was er von der laufenden Ernte erwartet, auf welche Preisentwicklung sich die Verbraucher einstellen müssen und welchem Olivenöl die Deutschen den Vorzug geben.

Herr Bucic, was erwarten Sie von der diesjährigen Olivenernte?

Tomislav Bucic: Die Qualität wird besser als letztes Jahr. Die Menge wird schätzungsweise noch einmal um sieben Prozent zurückgehen. In Spanien, das etwa die Hälfte der Ernte beisteuert, sieht es sogar noch besser aus.

Was relativ ist, da die Ernte dort letztes Jahr um 60 Prozent eingebrochen war...

Bucic: ... Ganz genau. In Italien sieht es ähnlich wie in Spanien aus. In Griechenland und in der Türkei rechnen wir mit Einbußen, weil es zu trocken war und zu wenig geregnet hat. Unsere Priorität liegt stets darin, Verbrauchern ein qualitativ hochwertiges Olivenöl anzubieten. Um dies sicherzustellen, kaufen wir nicht nur Rohware in Europa, sondern auch in Drittländern ein, worunter die Qualität aber keineswegs leidet. Wir haben angesichts der herausfordernden Gegebenheiten unsere Qualitätsbemühungen noch weiter ausgebaut, um zu garantieren, dass unsere extra nativen Olivenöle den höchsten Qualitätsstandards entsprechen.

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Steigen die Preise?

Bucic: Die Preise sind schon auf einem historischen Hoch von über acht Euro pro Kilogramm. Wie sie sich weiter entwickeln werden, hängt ganz wesentlich von der Blütezeit im Frühjahr ab. Es gibt zwei wichtige Phasen: den Frühling, in der Blütezeit sollte es schön regnen, und den Spätherbst. Da kann Regen auch noch mal helfen. Im Sommer kann es trocken sein. Das halten die Bäume aus. Im Mai werden wir wissen, wie die Ernte 2024 wird.

Was kommt auf die Verbraucher zu?

Bucic: Acht Euro sind der Durchschnittspreis. Gute Olivenöle kosten weitaus mehr. Das ist wie beim Wein. In Deutschland wird der Preis meist über Kontrakte abgesichert. Sie schließen einen Vertrag ab, der einen bestimmten Preis für drei bis sechs Monate garantiert. Der Preis im Supermarktregal ist nicht das, was momentan beim Einkauf gezahlt wird.

Das bedeutet?

Bucic: Wir erwarten eine Preissteigerung von 15 bis 20 Prozent für den Konsumenten, wobei die finale Preissetzung dem Handel obliegt. Diese wird mit einer Verzögerung von drei bis sechs Monaten an den Supermarktregalen zu sehen sein. Das ist bei Lebensmitteln nicht ungewöhnlich. Das ist in der Kaffeebranche auch so. Ein stetes Auf und Ab ist normal. Nur: Der Preis für Olivenöl war noch nie so lange oben wie jetzt. Die letzten zwei Ernten waren unterdurchschnittlich. Wir kommen in diesem Jahr auf etwa 2,7 Millionen Kilo. In guten Jahren waren es 3,7 Millionen. Kilo Es fehlt eine Million. Und das ist nur der eine Treiber.

Und der andere?

Bucic: Der Konsum. Olivenöl ist trendig. Die Leute kaufen es, weil es dank der einfachen und mehrfach ungesättigten Fettsäuren gesund ist. Früher hat man nach Butter oder Schmalz gegriffen. Die junge Generation kocht mit Olivenöl. Vor zehn Jahren haben wir 15 Prozent weniger Haushalte in Deutschland erreicht als heute.

Weniger Angebot, mehr Nachfrage – gibt steigende Preise.

Bucic: Ja. Aber mal ehrlich: Welchen Effekt hat der steigende Preis auf einen deutschen Haushalt, wenn sie 1,5 Liter im Jahr kaufen? Fünf Euro! Das ist ein Kaffee bei Starbucks.

Tomislav Bucic, Generalmanager von Bertolli, sagt steigtende Preise voraus.
Tomislav Bucic, Generalmanager von Bertolli, sagt steigtende Preise voraus. © Deoleo | Deoleo

Wem tut es wirklich weh?

Bucic: In Spanien verbraucht jeder Haushalt 15 Liter Olivenöl. Da spüren sie die steigenden Kosten stärker. Aktuell kostet das Olivenöl in Spanien und in Griechenland sogar mehr als in Deutschland, weil sie dort nach dem Tagespreis gehen. Ich stand in Griechenland vor dem Regal im Supermarkt. Da kostete das Öl – in einer Plastikflasche – elf bis 13 Euro. Die Spanier greifen allerdings auf das einfachere Öl zurück und nicht unbedingt auf „natives“ oder gar auf die teurere, auf die höchste Qualitätsstufe, auf „extra nativ“.

Geht es nur um Geld oder auch um Geschmack?

Bucic: Die Spanier mögen Öle, die scharf sind. Das gilt übrigens auch für die Amerikaner. Die Franzosen setzen „bitter“ mit „schlecht“ gleich. Wir machen viele Tests, um die Geschmackspräferenzen herauszufinden. Die Deutschen lieben Olivenöle, die fruchtig sind. Es gibt für den deutschen Markt eine Skala von eins bis zehn, um Olivenöl zu bewerten. Sie nennt sich Harmonie. Es geht um Geruch, Geschmack, Vielfalt und Intensität der Aromen sowie Intensität von Bitterkeit und Schärfe. Nur drei Prozent der Öle haben einen Harmoniewert von über acht. 70 Prozent der Welternte ist nicht extra nativ.

Diese hohe Qualität, auf die Deutsche stehen, muss erst mal über das ganze Jahr hinweg konstant bleiben. Wie stellen Sie das sicher?

Bucic: Am schwierigsten ist es, bevor die neue Ernte beginnt. Wenn Du das Öl im August abgefüllt hast, ist es meist schon acht Monate alt. Darauf setzt noch unsere zwölfmonatige Garantie auf. Deswegen weichen wir zunehmend auf Olivenöl aus Südamerika aus. Dort steht die Ernte später an: im Frühling.

Aus welchen Ländern?

Bucic: Überall dort, wo Wein angebaut wird, haben Sie auch gute Bedingungen für Olivenöl, etwa in Argentinien oder Peru. Es kommen immer mehr Hektar dazu. Und angesichts des Klimawandels kann ich mir vorstellen, dass sich die Produktion ein bisschen nach Norden verschieben wird.

Die Landwirtschaft wird sich dem Klimawandel anpassen müssen. Achten Sie darauf?

Bucic: Wir pflegen teils langjährige Partnerschaften mit mehr als 40.000 Landwirten und 70 Mühlen in über sieben Ländern. Unser Ziel ist es, ihnen Wissen und Praktiken näherzubringen, die ihnen dabei helfen, widerstandsfähiger gegen Klimabedingungen zu werden und dabei zu lernen, nachhaltiger und schonender mit Wasser umzugehen. Sie sollen die Böden so behandeln, dass sie mehr Wasser einspeichern und Insekten schützen, die dazu beitragen, Parasiten zu vermeiden. Alles im Sinne der Förderung eines natürlichen Ökosystems im Einklang mit Natur und Mensch. Denn Nachhaltigkeit ist eine der wichtigsten Säulen unseres Unternehmens. Nur, wenn wir nachhaltig ernten und produzieren, kann die bestmögliche Olivenölqualität sichergestellt werden.

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