Das Land wolle die Olympischen Spiele nicht belasten. Assange hatte Asyl beantragt, um seine Auslieferung nach Schweden zu verhindern.

Quito. Ecuador will erst nach den Olympischen Spielen in London über den Asylantrag von Wikileaks-Gründer Julian Assange entscheiden. Das sagte der Außenminister des südamerikanischen Landes, Ricardo Patino, am Mittwoch. Seit Wochen sitzt Assange in der ecuadorianischen Botschaft in London fest. Er hat Asyl in Ecuador beantragt, um seine Auslieferung nach Schweden zu verhindern, wo er zwei Frauen im Sommer 2010 sexuell belästigt und in einem Fall vergewaltigt haben soll. Assange bestreitet dies und befürchtet, von Schweden in die USA abgeschoben zu werden.

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Ecuador wolle die Olympischen Spiele nicht belasten und werde daher „vernünftig“ sein, sagte Patino. Er hoffe, die Entscheidung werde die Beziehungen zwischen Großbritannien und Ecuador nicht beeinträchtigen. Die Spiele in London beginnen am Freitag und laufen bis 12. August. Nach Angaben der Londoner Polizei kann Assange sofort festgenommen werden, sobald er die Botschaft Ecuadors verlässt.

Erst am Mittwoch war bekanntgeworden, dass Assange den als „Tyrannenjäger“ bekannten spanischen Juristen Baltasar Garzón zum Anwalt genommen hat. Garzón hatte unter anderem 1998 den chilenischen Ex-Diktator Augusto Pinochet angeklagt.

Für Assange, der in Schweden der Vergewaltigung und der sexuellen Nötigung beschuldigt wird, ist es der bisher letzte in einer Reihe von Versuchen, seine Auslieferung zu verhindern. In Großbritannien hatte er zuvor bereits alle juristischen Möglichkeiten ausgeschöpft. Vor weniger als einer Woche hatte der dortige Oberste Gerichtshof eine Wiederaufnahme des Auslieferungsverfahrens gegen Assange abgelehnt - auch dieser Antrag war bereits ein für das britische Rechtssystem ungewöhnlicher Schritt gewesen.

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In einer kurzen Erklärung teilte Assange mit, er sei dem ecuadorianischen Botschafter und der Regierung dankbar, dass sie seinen Antrag in Erwägung ziehe. Patino sagte, Assange sehe seine grundlegenden Rechte von seinem Heimatland Australien nicht ausreichend geschützt. Der Wikileaks-Gründer hatte zuvor erklärt, dass in den USA bereits Anklage gegen ihn erhoben worden sei und er bei einer Auslieferung nach Schweden wegen Geheimnisverrats belangt werden könnte. Die Enthüllungsplattform hatte 2010 Hunderttausende vertrauliche US-Diplomatendepeschen im Internet veröffentlicht.

Die linksgerichtete Regierung des ecuadorianischen Präsidenten Rafael Correa ist gegenüber den USA kritisch eingestellt und hat sich auch positiv über Wikileaks geäußert. Correa war über eine Videoschaltung sogar Gast in Assanges Talkshow gewesen und hatte dem Wikileaks-Gründer Mut zugesprochen. Nach Angaben einer Mitarbeiterin der Show soll Assange in diesem Zusammenhang auch ein Angebot für Asyl in Ecuador erhalten haben.

Rechtsexperten rätselten über die Hintergründe des Asylantrags von Assange. Ein Jurist, Alex Carlile, sagte, die Flucht in die Botschaft habe etwas von einer Verzweiflungstat. Die Menschenrechtsanwältin Helena Kennedy, ehemaliges Mitglied seines Rechtsberater-Teams, sagte, der Wikileaks-Gründer könnte eine Verhandlungslösung mit Schweden anstreben, die eine Auslieferung an die USA ausschließt. Mit einer entsprechenden Zusicherung werde er womöglich freiwillig nach Schweden gehen.

Ein Unterstützer Assanges, Vaughan Smith, sagte, der Wikileaks-Gründer habe ihn überrascht. Aber obwohl er nun die 20.000 Pfund verlieren werde, die er zur Kaution von 200.000 Pfund beigesteuert habe, könne er Assanges Angst vor einer Auslieferung an die USA verstehen: "Er glaubt wirklich, dass er nach Amerika geschickt wird und dort etwas Furchtbares auf ihn wartet." (dpa/dapd)