Hamburg. Diebe entkamen mit millionenschwerem Stück aus Berliner Bode-Museum. Doch wo ist das Gold geblieben?

An- und Verkauf von Gold und Silber (aller Art), Zahn- und Bruchgold, Münzen: Die Dienste, die ein Juwelier an der Sonnenallee in Berlin-Neukölln auf einem Werbeschild anpreist, bekamen am Mittwoch eine neue Bedeutung. Der unscheinbare Laden war am Morgen Ziel einer Razzia, Fahnder durchsuchten ihn. Wurde von hier aus die 100-Kilo-Goldmünze zu Geld gemacht, die vor gut drei Monaten aus dem Berliner Bode-Museum gestohlen wurde? Es war ein ebenso dreister wie spektakulärer Coup am 27. März. Die Diebe hatten nachts eine Panzerglasvitrine aufgebrochen. Der reine Goldwert der seltenen Münze: 3,7 Millionen Euro.

Doch jetzt sind Verdächtige gestellt. Vier Männer, 18 bis 20 Jahre alt, sitzen in U-Haft. Zwei von ihnen sollen direkt an der Tat beteiligt gewesen sein. Ermittelt wird zudem gegen neun weitere Personen aus dem Bereich eines Familienclans, der den Ermittlern nicht unbekannt ist. Darunter sind laut Angaben auch Väter der nun Festgenommenen. Der Juwelier in der von arabischen Geschäften und Imbissen geprägten Straße in Neukölln soll der Hehler bei dem Millionengeschäft gewesen sein, er ist aber weiter auf freiem Fuß. Abgeschlossen sind die Ermittlungen noch nicht.

Unter den am Mittwoch Festgenommenen ist mit Dennis W. (19) auch ein Sicherheitsmitarbeiter aus dem Museum. Die Ermittler sind sich sicher, dass er die arabische Großfamilie R. mit den entscheidenden Informationen und Interna aus dem Museum versorgte.

Dennis W. hatte erst im März dieses Jahres über ein Subunternehmen als Aufsichtsperson angefangen. „Wir glauben allerdings nicht, dass er da schon eine Tatabsicht hatte“, sagt Carsten Pfohl, Leiter für qualifizierte Eigentumsdelikte beim Landeskriminalamt (LKA) Berlin. Er habe vielmehr bei seiner Arbeit „die Tatgelegenheit erkannt“. Auf die Schliche kamen die Ermittler Dennis W. wegen anderer Taten. So fiel er unter anderem wegen Tankbetrugs und Kennzeichenfälschung auf – bei einem dieser Verfahren fiel den Ermittlern auf, dass Dennis W. auch im Bode-Museum arbeitet und Umgang mit der polizeibekannten Großfamilie R. pflegt.

Scharfe Schusswaffen und sechsstelliger Geldbetrag

Durch Observationen und Telekommunikationsüberwachung stieß die Polizei auf ein ganzes Netzwerk, das am Einbruch ins Bode-Museum beteiligt gewesen sein soll. Bei der Razzia am Mittwochmorgen wurden 14 Objekte in Berlin und Brandenburg durchsucht. Schwerpunkte waren die Bezirke Neukölln und Moabit. Neben Dennis W. wurden noch die Verwandten Abdel R., Ahmed R. und Wissam R., alle zwischen 18 und 20 Jahren alt, verhaftet.

Bei den Durchsuchungen wurden unter anderem vier munitionierte Schusswaffen, ein niedriger sechsstelliger Geldbetrag und Kleidung sichergestellt, sagte Staatsanwältin Martina Lamb. Die Razzien seien „unproblematisch“ verlaufen, lediglich in einem Fall habe ein Verdächtiger eine Kopfplatzwunde erlitten. Die Ermittlungen seien noch nicht vorüber. Was die Goldmünze betrifft, so sei es jedoch wahrscheinlich, dass diese bereits teilweise oder ganz verkauft wurde. „Wir müssen davon ausgehen, dass wir keine Teile finden“, sagte Carsten Pfohl vom Berliner Landeskriminalamt.

Die „Big Maple Leaf“ ist aus purem Gold und hat einen Durchmesser von etwa 53 Zentimetern. Sie wurde im Jahr 2007 in nur fünf Exemplaren von der Königlichen Kanadischen Münze geprägt.

Da die vier Verhafteten alle unter 21 Jahren alt sind, wird der Fall in der Jugendstrafkammer des Landgerichts verhandelt werden. Die mutmaßlichen Hintermänner der Großfamilie, gegen die auch ermittelt wird, sind allesamt älter. Die Diebe waren in der Nacht über die Bahntrasse gekommen, die wenige Meter am Museum vorbeiführt. Im Inneren brachen die Täter eine Panzerglasvitrine auf und wuchteten die Münze aus einem Fenster.