Berlin. Prozessauftakt in Berlin gegen den Mann, der eine Frau auf einer Treppe attackierte

Im Saal 700 des Kriminalgerichts in Berlin-Moabit wird ein Video gezeigt: Eine leere Treppe in einem U-Bahnhof ist zu sehen. Von unten aufgenommen. Plötzlich stürzt kopfüber, quasi ins Bild hinein, eine Frau herunter, kann sich gerade noch mit den Händen abfangen, bleibt liegen. Es ist der 27. Oktober 2016, kurz nach Mitternacht. Das Video wird dreimal gezeigt. Immer wieder ist die schockierende Szene zu sehen.

Es ist der zweite Auftakt im Prozess gegen den 28-jährigen Svetoslav S., der sich wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten muss. Ein erster Anlauf war vor zehn Tagen nach einem erfolgreichen Befangenheitsantrag gegen eine Schöffin gescheitert.

Am Montag verliest der Verteidiger von Svetoslav S. gleich nach dem Verlesen des Anklagesatzes eine Erklärung seines Mandanten. Er gebe zu, dass er die Frau die Treppe hinuntergetreten habe, so Svetoslav S. Allerdings habe er keine konkreten Erinnerungen an die Tat und sei erst durch die Veröffentlichung der Videoaufnahmen darauf aufmerksam geworden. Zur Tatzeit habe er unter dem Einfluss von Alkohol und Drogen gestanden. Er wolle sich bei der Geschädigten persönlich entschuldigen. Die 26-Jährige erlitt bei dem Sturz einen Armbruch und eine Platzwunde am Kopf. Aber wer das Video sieht, dem ist klar: Sie hätte auch tot sein können.

Als die Videosequenzen mit der stürzenden Frau gezeigt werden, schaut Svetoslav S. zu Boden. Als die erste Zeugin kommt, schaut er auf, und es wird nicht deutlich, ob er lacht oder weint. Die Zeugin ist seine Frau. Beide sind nicht offiziell verheiratet – sie kommen aus einer türkischsprechenden Minderheit, die in Bulgarien lebt. Die 27-jährige Swetlana S. ist sichtlich bemüht, ihrem Mann zu helfen. Sie ist mit ihm seit dem 15. Lebensjahr zusammen, sie haben drei Kinder. Im Sommer 2016 kamen sie nach Berlin, um hier zu arbeiten.

Der nächste Zeuge ist Sabi S., der jüngere Bruder von Svetoslav S. Und er kann sich sehr detailliert an den Ablauf vor der Tat erinnern. Bei einer Geburtstagsfeier sei schon reichlich getrunken worden, sagt er, auch hätten die Männer Kokain geschnieft. Und dann seien sie weitergezogen. Drei Brüder und ein Cousin. Der Bruder sei nicht gut drauf gewesen an diesem Abend, sagt Sabi S. Wie genau es dann zu dem Angriff kam und ob die Frau zufällig Opfer wurde, kann aber auch Sabi S. nicht klären.

Erst knapp zwei Monate nach der Tat war Svetoslav S. in Berlin festgenommen worden – er kam mit dem Bus aus Marseille. Seine Frau sagt, er wollte sich stellen, aber „es liegt doch auf der Hand, dass er zu viel Alkohol und Drogen genommen und sich verloren hat“. In den nächsten Verhandlungstagen soll das Opfer angehört werden.