Garmisch-partenkirchen. Deutschlands älteste Miederwarenverkäuferin hört mit 98 Jahren auf

Sie hält durch. Bis zu ihrem 98. Geburtstag im August will Therese Schmid weiterhin fünf Tage die Woche in ihrem Dessousladen in Garmisch-Partenkirchen stehen. Das Geschäft gibt es seit 62 Jahren. Stammkunden wie Urlaubern verkauft Therese Schmid edle Wäsche. Deutschlands wohl älteste Miederwarenverkäuferin täte es mit ihrem verschmitzten Lächeln auf den Lippen vielleicht auch noch länger, wenn ihr der Eigentümer des kleinen Ladenlokals nicht gekündigt hätte.

Fein säuberlich sortiert in kleinen Schachteln und versehen mit Konfektionsgrößen stehen Hunderte BHs und Spitzenhöschen in Regalen oder hängen an Drehständern. Auch Nachthemden und Bademäntel gehören zum Sortiment. Am liebsten bedient sie ihre zahlreichen Stammkundinnen. „Die kommen gerne zu mir, weil ich passende Modelle für Frauen mit schwieriger Figur habe“, sagt die zierliche alte Dame mit dem Reif auf dem zurückgekämmten grauen Haar. Augenzwinkernd fügt sie hinzu: „Sehr viele Frauen glauben, sie seien schlanker und jünger, als sie tatsächlich sind.“

Einst kamen auch junge Kundinnen zu ihr ins Geschäft. „Sie waren anspruchsvoller Wäsche gegenüber sehr aufgeschlossen“, meint die Dessousverkäuferin mit mehr als 60 Jahren Berufserfahrung. „Aber seit ‚Geiz ist geil‘ in Mode ist, bleiben die jungen Käuferinnen aus.“ Dabei hat Therese Schmid durchaus auch Stringtangas im Angebot. Die Ladenbesitzerin wollte immer ehrlich zu ihren Kundinnen sein. „Ich habe nie zu jemandem gesagt ‚Das ist schön‘, wenn es nicht gestimmt hat.“

Von Beruf ist sie eigentlich Buchhalterin. Doch nach einem Verkehrsunfall, bei dem sie mit 30 Jahren schwer verletzt wurde, musste sie umlernen.

„Ich hatte von Tuten und Blasen keine Ahnung“, erinnert sich die 97-Jährige an ihren Start als Wäscheladenbesitzerin im Jahr 1955. „Mein Vorteil war, dass es damals in Garmisch nur ein Miederwarengeschäft gab.“ Schmid verstand es, sich rasch eine Stammkundschaft zuzulegen, die ihr treu blieb. Doch nun ist Schluss, der Räumungsverkauf läuft. Bis August will Schmid ihre Regale leer sehen. „Und was bis dahin nicht verkauft ist, verschenke ich an Arme.“

Mit Blick auf die Zeit nach dem Geschäftsleben ist sich Schmid sicher: „Mir wird nicht langweilig. Ich lade alte Menschen zu mir nach Hause ein oder gehe mit ihnen ins Café.“ Der 100. Geburtstag ist nicht mehr weit. „Ich nehme mir nichts vor“, sagt die alte Frau, die inzwischen zwar auf Stöcken geht, ihren Haushalt aber weitgehend allein versorgt. Ihr einziger Wunsch: „Ich will kein Pflegefall werden.“