Kiel. 38-Jährige stirbt nach Brandanschlag auf einer Straße in Kiel. Rätsel um das Motiv des Täters

Die Eckernförder Straße ist eine Hauptverkehrsader am Rand von Kiel, die die Pendler ins Zen­trum führt. Viele Autofahrer und einige Passanten müssen am Mittwoch gesehen haben, was sich dort um kurz vor neun Uhr ereignet: Ein Mann übergießt eine Frau mit einer brennbaren Flüssigkeit und zündet sie an. Die Frau bricht auf dem Gehweg zusammen. Passanten versuchen, die Flammen mit Decken zu löschen. Es gelingt nicht. Ein Mann eilt mit einem Feuerlöscher herbei. Erst nach einem unerträglich langen Zeitraum ist das Feuer erstickt.

„Das werde ich meinen Lebtag nicht vergessen“, erzählt Angela Hauschild, eine Augenzeugin. „Sie hat so geschrien.“ Als das Opfer in den Rettungswagen geschoben worden sei, habe die Frau gerufen: „Meine Kinder, meine Kinder, was wird mit meinen Kindern?“

Der mutmaßliche Täter läuft nach dem Anschlag zunächst davon, kann jedoch von Einsatzkräften in der Nähe des Tatorts festgenommen werden. Es handelt sich um einen 41 -Jährigen. Das Opfer (38) ist seine Ehefrau, wie sich herausstellt. Nach Angaben der Polizei wohnten die beiden seit vielen Jahren in Kiel – zuletzt habe das Paar allerdings getrennt gelebt, heißt es. Beide stammen aus dem westafrikanischen Togo, wie die „Kieler Nachrichten“ berichten. Der Mann soll vor rund 20 Jahren nach Deutschland gekommen sein, die Frau kurz darauf. Er habe eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung, heißt es. Die Frau hat zwei Kinder, sie sind drei und sieben Jahre alt. Das Jugendamt hat sie vorerst zu einer Pflegefamilie gebracht.

„Nicht mehr erkennbar, ob es eine Frau oder ein Mann war“

Das Opfer wird mit lebensbedrohlichen Verletzungen zunächst in ein Kieler Krankenhaus gebracht, später in eine Spezialklinik nach Lübeck verlegt. Ein Feuerwehrmann berichtet den „Kieler Nachrichten“: „Es war nicht mehr erkennbar, ob es eine Frau oder ein Mann war.“

Nach dem Anschlag wird der Tatort weiträumig abgesperrt. Eine Mordkommission nimmt die Arbeit auf, Beamte sichern Spuren, sichten Beweisstücke. Auch die teils stark verkohlten Decken, die auf dem gegenüberliegenden Gehweg liegen, werden fotografiert, untersucht und später in Plastiktüten verpackt mitgenommen.

Der Tatort liegt direkt vor dem Mare Klinikum, einer kleinen Klinik für ambulante Behandlungen. Die etwa zehn bis 20 Zeugen werden in die Klinikräume gebracht. Dort werden sie psychologisch betreut und von der Polizei befragt. Augenzeugin Angela Hauschild erzählt, wie sie die Tat erlebte. Sie habe einen Mann und eine Frau und auch Flammen gesehen. „Da war mir klar, da zündet jemand die Frau an.“ Dann sei sie in die Klinik gerannt und habe Polizei und Notarzt gerufen. „Die Frau hat lichterloh gebrannt.“ Bis die Flammen gelöscht waren, habe es „eine gefühlte Ewigkeit“ gedauert.

In dem Fall sind noch viele Fragen ungeklärt. Vor allem bleibt offen, was den 41-Jährigen zu der Wahnsinnstat trieb. Augenzeugen berichten, der mutmaßliche Täter habe sein Opfer gleich zweimal in Brand gesteckt – das zweite Mal, kurz nachdem Retter die Flammen erstickt hatten. Dies kann die Polizei allerdings nicht bestätigen.

Auch Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer ist entsetzt: „Diese unfassbar grausame Gewalttat erschüttert mich zutiefst“. Er ergänzt: „Meine Gedanken sind bei dem Opfer dieser schrecklichen Beziehungstat und den beiden Kindern. Wir können nur inständig hoffen, dass die schwer verletzte Frau überlebt und wieder gesund wird.“

Die Hoffnung Kämpfers erfüllt sich nicht. Am Abend teilt die Polizei mit, dass die Frau ihren Verletzungen erlegen ist. Die Staatsanwaltschaft prüft nun, ob der Ehemann in Untersuchungshaft kommen soll oder in die Psychiatrie eingewiesen wird.