Ascheberg. Amokfahrt im Trecker: Erst mit sechs Schüssen auf die Reifen können Polizisten den wütenden Viehzüchter stoppen

    Eine Aktion des Veterinäramtes brachte einen Bauern derart in Rage, dass er eine Spur der Verwüstung hinterließ: Ein Landwirt in Ascheberg im Kreis Plön (Schleswig-Holstein) hat mit seinem Trecker absichtlich zehn Autos angefahren und teilweise zerstört, darunter fünf Polizeiwagen. Einsatzkräfte der Polizei konnten den 53 Jahre alten Viehzüchter am Mittwoch erst stoppen, nachdem sie die Reifen seines Traktors zerschossen hatten, wie ein Sprecher der Polizeidirektion Kiel sagte. Auf Fotos ist zu sehen, wie ein Kastenwagen der Polizei auf dem Dach liegt, andere Autos sind zerdellt, aufgerissen. An der Schaufel des roten Treckers hängt eine Stoßstange.

    Nach Informationen von NDR 1 Welle Nord wollten Veterinäre, die von Polizisten begleitet wurden, 22 Rindern auf dem Hof des Mannes tierärztlich untersuchen und ihnen teilweise Ohrmarken verpassen. Der 53 Jahre alte Bauer hatte dies zuvor nicht akzeptieren wollen und behördliche Aufforderungen, dies selbst zu tun oder zu veranlassen, mehrfach ignoriert. Der von Bekannten als „tierlieb“ beschriebene Mann soll die Marken abgelehnt haben, weil sie seinen Rindern Schmerzen zufügen würden.

    Polizeibus mit Stahlzinken aufgeschlitzt

    Der Einsatz auf dem Bauernhof begann gegen 7.40 Uhr. Die Polizei wurde vom Veterinäramt zur Unterstützung angefordert, da der Landwirt bereits „durch gewalttätige Übergriffe bei vorangegangenen ähnlichen Einsätzen“ bekannt gewesen sei. Man habe „mit einigen Schwierigkeiten gerechnet und die Maßnahme im Vorwege geplant und mit der Polizei abgestimmt“, sagte der Sprecher des Kreises Plön, Hendrik Schwinghammer, den „Kieler Nachrichten“.

    Deswegen seien die Veterinäre von neun Polizeibeamten begleitet worden. Knapp viereinhalb Stunden später dann die Amokfahrt. Die Maßnahme war zu dem Zeitpunkt eigentlich schon abgeschlossen. Die Behördenmitarbeiter und die Polizei wollten gerade aufbrechen. „Gegen 12.05 Uhr dann kam der Landwirt, der den ganzen Vormittag abwesend war, mit seinem Trecker auf dem Hof“, schilderte Hauptkommissar Oliver Pohl die Entwicklung der Ereignisse.

    Der wütende Bauer fuhr sofort auf ein Polizeifahrzeug los und schob es zur Seite. Der Bauer hatte dazu auf seinem Frontlader einen Silageballen geladen, mit dem er das Fahrzeug eindrückte. In dem Wagen saßen zwei Beamte, die „glücklicherweise unverletzt“ blieben. Der Bauer hatte später den Silageballen verloren, während er neun weitere Autos zum Teil schwer beschädigte. Darunter einen zur Verstärkung heraneilenden Polizeibus, in dem zwei Beamte saßen. Der Landwirt schlitzte ihn mit den langen Stahlzinken der Schaufel der Länge nach auf.

    Die Bilanz der wütenden Attacke: Insgesamt hatte er fünf Polizeifahrzeuge, zwei Fahrzeuge von Veterinären, zwei Firmenfahrzeuge und einen Privatwagen zerstört.

    Nach rund 20 Minuten stoppten die Beamten den Trecker schließlich – mit sechs Schüssen aus ihren Dienstwaffen zielten sie auf die Reifen des Fahrzeugs. Bei der Festnahme wehrte sich der Bauer heftig. Er und ein Polizist erlitten dabei Verletzungen. Beide wurden in einem Krankenhaus ambulant behandelt, sagte Pohl. Die Staatsanwaltschaft Kiel übernahm die Ermittlungen. Sie will prüfen, ob sie die Aktion als versuchtes Tötungsdelikt wertet.

    Der Tatort wurde weiträumig abgesperrt. Die Arbeit der Kriminaltechniker dauere noch an, hieß es. Weitere Auskünfte zum Stand der Ermittlungen wollte die Polizei bisher nicht machen.