Höxter. Staatsanwalt prüft Verbindung des Folterfalls in Höxter zum Fall einer vor zehn Jahren getöteten Schwesternschülerin

    Der Fall sorgt seit Tagen für Aufsehen: Acht Wochen soll ein Ex-Ehepaar aus dem ostwestfälischen Höxter eine 41-jährige Frau gefangen gehalten und mutmaßlich so lange gequält haben, bis sie starb. Jetzt sollen der 46-jährige Wilfried W. und seine 47-jährige Exfrau Angelika B. ein weiteres Tötungsdelikt gestanden haben, wie es aus Polizeikreisen heißt. Die Staatsanwaltschaft wollte die Nachricht gegenüber dieser Zeitung weder dementieren noch bestätigen, sprach aber von „konkreten Hinweisen“ auf weitere Opfer. Bei einem dieser Opfer könnte es sich um die vor zehn Jahren getötete Schwesternschülerin Frauke Liebs aus Lübbecke handeln. „Die Verbindung zu diesem Mordfall ist hypothetisch. Wir gehen ihr aber selbstverständlich nach“, sagte Oberstaatsanwalt Ralf Meyer. Die 21-Jährige verschwand im WM-Sommer 2006 nach einem Pub-Besuch in Paderborn. Ein Jäger fand die Überreste ihrer Leiche fast vier Monate später in einem Waldstück im Kreis Paderborn.

    Derweil werden das Haus in Höxter, weitere Gebäude und das Grundstück auf Spuren untersucht. „In den Zimmern liegen viele Schriftstücke, die noch ausgewertet werden müssen“, sagte Oberstaatsanwalt Meyer. Auch Leichenspürhunde sind im Einsatz. Wilfried W. und Angelika B., beide Hartz-IV-Empfänger, sollen hier die 41-Jährige aus dem niedersächsischen Bad Gandersheim über Wochen gefangen gehalten haben. Sie starb im Krankenhaus an schweren Kopfverletzungen. Das Opfer hatte sich auf eine Kontaktanzeige gemeldet, die der 46-Jährige geschaltet hatte.

    Die Polizisten der Mordkommission, die aus Beamten der Behörde Höxter und des Polizeipräsidiums Bielefeld besteht, arbeiteten das Wochenende durch. Am Sonntag holten sie Angelika B. aus der Untersuchungshaft und fuhren mit ihr zu ihrem Haus – offenbar, um ihre Aussagen mit den Gegebenheiten vor Ort abzugleichen. Eine Nachbarin bestätigte: „Wir haben Angelika gesehen. Sie hat gelacht. Dann ist sie mit den Polizisten ins Haus gegangen.“ Beamte der Spurensicherung nahmen etliche Gegenstände mit und versiegelten die Scheune sowie den Stall auf dem Grundstück.

    Gestern machte die Besatzung eines Polizeihubschraubers Luftaufnahmen von der näheren Umgebung des Tatorts. Für Dienstagmorgen kündigen die Staatsanwaltschaft und die Polizei Bielefeld eine Pressekonferenz an, auf der die Ermittler weitere Ergebnisse präsentieren wollen.

    Mutter wartet Ermittlungen ab

    Auch für Ingrid Liebs, Mutter der vor zehn Jahren getöteten Schwesternschülerin, deutet vieles auf eine Verbindung hin. Liebs telefoniert derzeit häufig mit den Ermittlern, möchte sich zu den Inhalten der Gespräche allerdings noch nicht äußern. Der damalige Leiter der elfköpfigen Mordkommission, Kriminalhauptkommissar Ralf Östermann, führt auch die Ermittlungen in diesem neuen Fall.

    Das Paar aus Höxter lebte, als die junge Schwesternschülerin verschwand, in Schlangen. Die Gemeinde liegt wenige Kilometer vor den Toren Paderborns. Zudem wurde das Handy der damals getöteten Frau einige Tage nach ihrem Verschwinden in Funkzellen in Nieheim (Kreis Höxter) und Paderborn geortet. Sie meldete sich mehrfach nachts bei ihrem Mitbewohner und Angehörigen. In den Gesprächen wirkte die junge Frau benommen und antwortete nicht auf direkte Fragen, so die Polizei. Dies sei ein Hinweis darauf gewesen, dass die 21-jährige Frau verschleppt und festgehalten wurde.

    Bei den Ermittlungsbehörden seien zudem Hinweise von Frauen – Oberstaatsanwalt Meyer sprach von einer „einstelligen Zahl“ – eingegangen, die in persönlichem Kontakt zu Wilfried W. gestanden hätten. Diese Informationen würden derzeit überprüft. Eine der Zeuginnen kommt aus dem ostwestfälischen Versmold. Sie berichtet von langen Telefonaten mit dem tatverdächtigen Wilfried W. Sie hatten sich über eine Kontaktanzeige kennengelernt, die W. geschaltet hatte. Schnell sei die Beziehung unangenehm geworden, berichtete die Zeugin. Deshalb habe sie den Kontakt abgebrochen.

    Nachbarn berichteten den Ermittlern, dass sie die 41-jährige verstorbene Frau aus Bad Gandersheim gemeinsam mit ihren Peinigern auf der Straße und sogar beim Einkaufen gesehen hätten. Weshalb das Opfer nicht zu flüchten versuchte, ist eines der vielen Rätsel in dem Fall.