Höxter. Mordkommission setzt auf einem Hof im ostwestfälischen Höxter Leichenspürhunde ein

    Im ostwestfälischen Höxter ist es vorbei mit Ruhe und Beschaulichkeit: Durch die Straßen der 30.000-Einwohner-Stadt in Nordrhein-Westfalen ziehen Journalisten mit Fotoapparaten und Filmkameras. Die Anwohner sind tief bewegt von dem, was hier passiert ist. Doch nicht nur die Menschen vor Ort können nicht fassen, wie es zu dem furchtbaren Vorfall kommen konnte: Das Drama um die tote Frau, 41, die von einem geschiedenen Ehepaar auf einem Hof wochenlang gefangen gehalten und misshandelt worden sein soll, bewegt das ganze Land. Die Tragödie wurde sogar mit dem Fall um die entführte Natascha Kampusch verglichen. Gegenüber dem „Westfalen-Blatt“ sagten die Ermittler, dass sie nun mit Hochdruck der Frage nachgehen, ob das alte Haus in Höxter-Bosseborn Schauplatz weiterer Verbrechen wurde.

    Die Mordkommission schließt nicht aus, dass das Paar, das hier fünf Jahre lang wohnte, schon früher Frauen gequält hat. Aus diesem Grund will die Polizei in den kommenden Tagen die drei Gebäude, aber auch das Grundstück mit Leichenspürhunden absuchen. Das wurde gestern bekannt.

    Diese Hunde sind darauf trainiert, Blut und Leichengeruch zu erschnüffeln. Außerdem werden etliche DNA-Spuren, die vergangene Woche im Haus gefunden wurden, beim Landeskriminalamt in Düsseldorf untersucht. So soll festgestellt werden, ob sich Hinweise auf weitere Menschen ergeben, die längere Zeit in dem Haus verbracht haben könnten. Diese Untersuchung wird Wochen dauern.

    Wie berichtet, sollen Wilfried W., 46, und seine frühere Ehefrau Angelika B., 47, seit März eine 41-jährige Frau aus Niedersachsen in dem Haus gefangen gehalten und misshandelt haben. Die Frau hatte sich auf eine Kontaktanzeige von Wilfried W. gemeldet, der in Zeitungen und im Internet nach Frauen suchte – „mit Sinn fürs Landleben“, wie es in einem Inserat hieß.

    In der vorvergangenen Woche wurde die 41-Jährige so schwer am Kopf verletzt, dass das Paar die Frau loswerden und sie in ihre Wohnung nach Bad Gandersheim bringen wollte. Auf dem Weg blieb der Corsa liegen. Das Paar rief einen Notarztwagen, der die Frau ins Krankenhaus brachte, wo sie zwei Stunden später starb.

    Eine andere Frau, die möglicherweise einem solchen Schicksal entgangen ist, lebt heute in Versmold im Kreis Gütersloh. Sie meldete sich 2013 auf eine Kontaktanzeige von Wilfried W., der in vielen Telefonaten einen sympathischen Eindruck gemacht haben soll. Als er immer stärker auf ein Treffen drängte und nach ihrer Körbchengröße fragte, brach sie den Kontakt ab.

    Erst später entdeckte sie ein Foto von Wilfried W. auf Facebook, auf dem er in Unterhose auf der Couch posiert. „Du bist so ekelig!“, postete sie. Wilfried W. und seine Ex-Frau sollen sie aber noch lange mit Anrufen traktiert haben.

    Bei der Toten aus Niedersachsen stellten Rechtsmediziner nicht nur „stumpfe Gewalt gegen den Kopf“ als Todesursache fest, sie fanden auch Spuren weiterer Misshandlungen. Bei der mehrtägigen, intensiven Spurensicherung im Haus wurde allerdings kein Raum entdeckt, der dem Paar als Gefängnis gedient haben könnte. Deshalb gehen die Ermittler im Moment davon aus, dass das Paar sein Opfer mit Gewalt und psychischem Druck unter Kontrolle hielt. Noch ist nicht bekannt, warum dem ursprünglich langhaarigen Opfer der Kopf kahl rasiert wurde. Und: Eine ältere Nachbarin will vor längerer Zeit schon einmal eine kahl geschorene Frau im Nebenhaus beobachtet haben.

    Wilfried W. war der Polizei längst bekannt

    Bevor das Paar nach Höxter-Bosseborn zog, wo sich die beiden als Geschwister ausgaben, lebten sie in Schlangen im Kreis Lippe. Ein Nachbar von damals sagte, die beiden seien Nachtmenschen gewesen. „Tagsüber hat man die kaum gesehen. Die kapselten sich völlig ab. Nur die Eltern der Frau, die auch in Schlangen lebten, kamen manchmal zu Besuch.“

    Der Nachbar sagte, 2007, nachdem das Paar innerhalb Schlangens umgezogen sei, habe seine Frau Angelika B. getroffen. Auch sie sei kahl rasiert gewesen. „Wir dachten damals, sie hätte vielleicht Krebs. Aber offenbar steckt ja etwas anderes dahinter.“

    Das Zusammenleben mit Wilfried W., der mit Autos gehandelt habe, sei nicht einfach gewesen, sagt der Nachbar. „Da lag viel Müll herum. Und als ich mich einmal nachts beschwerte, weil er um drei Uhr morgens laut telefonierend durch den Garten lief, drohte er mir Schläge an.“

    Schläge sind auch der Grund, warum Wilfried W. schon eine Akte bei der Polizei hatte: Er soll vor längerer Zeit eine Frau verprügelt haben.