Neuenrade. Hausbesitzer im Sauerland tötet 18-Jährigen durch Schuss in den Kopf

Es ist ein Fall, der viele Fragen aufwirft: Im Sauerland hat ein Hausbesitzer einem Einbrecher in den Kopf geschossen. Der 18-jährige Albaner erlag am Dienstagmittag in einer Klinik in Hagen seinen Verletzungen. Bei dem jungen Mann soll es sich um einen Flüchtling handeln.

Mitten in der Nacht war das Hausbesitzerehepaar durch Geräusche wach geworden. Ihr Schlafzimmer liegt im ersten Stock. Dem Paar ist sofort klar: Es muss sich um einen Einbrecher handeln. Ihr Haus in Neuenrade-Affeln liegt am Ende einer Straße, verschwindet hinter Bäumen und Sträuchern. Dahinter sind Felder. Eine stille Ecke.

Revolver am Bett

Der 63-jährige Hausbesitzer steht auf, nimmt seinen Revolver, der unweit vom Bett seinen Platz hat, und folgt den Geräuschen. Sie kommen aus einem anderen Zimmer, ebenfalls in der ersten Etage. Er öffnet die Tür, und vor ihm steht ein junger Mann, mit einem Messer in der Hand. Der Rentner überlegt nicht lange und drückt ab. Die Kugel trifft den Einbrecher im Kopf. Seine Ehefrau ruft die Polizei.

So beschreibt die zuständige Hagener Staatsanwältin Beatriz Föhring den Ablauf nach Aussagen des Hauseigentümers. Sie weiß außerdem, dass der Täter eine Leiter benutzt hat und durch ein Fenster eingestiegen ist. Informationen über den Eindringling sind bislang spärlich. „Er ist im September 2015 nach Deutschland gekommen, war zuerst in Herford und ist zuletzt in einer Flüchtlingsunterkunft in Dortmund registriert gewesen.“ Ob der Einbrecher allein unterwegs war? „Die Vermutung liegt nahe, aber es gibt keine Hinweise.“

Griff zur Waffe erlaubt

Dass der 63-Jährige berechtigt ist, eine Waffe im Haus zu haben, daran haben die Ermittler keinen Zweifel. Er ist Jäger und hat eine Waffenbesitzkarte, darunter darf auch ein Revolver, eine sogenannte Kurzwaffe, sein. Sie wird angewendet, wenn angeschossenes Wild per Fangschuss erlöst werden soll.

Mit dem Tod des Täters ist der Fall für die Staatsanwaltschaft nicht aufgeklärt. „Wir ermitteln, ob es Notwehr war“, sagt die Staatsanwältin. Auch für die 46-Jährige ist dieser Fall ungewohnt. Ganz allgemein gesprochen erklärt sie: „Wenn sich ein Opfer in einer bedrohlichen Lage befindet und den Angriff effektiv abwehren kann, ist auch in Deutschland der Griff zur Pistole erlaubt.“ Strafrechtlich bliebe es hingegen nicht ohne Folgen, wenn jemand dem vermeintlich überraschten Täter auf der Flucht in den Rücken schießen würde.

Verständnis für die Opfer

Die Stimmung in dem kleinen Ort im Märkischen Kreis ist am Dienstag eindeutig. Das Verständnis für das Verhalten des überfallenen Opfers überwiegt, auch wenn der Tod des 18-Jährigen betroffen macht. Sei es beim Frisör, in der Bäckerei, in der Bank und in der Gaststätte. Mehr Treffpunkte gibt es in Affeln nicht. „Und hoffentlich merken sich andere Einbrecher dieses Ende“, sagt eine 48-Jährige. Einer 54-Jährigen ist die ganze Entwicklung angesichts steigender Einbruchszahlen nicht geheuer: „So etwas passiert ja nicht alle Tage in so einem Dorf. Das Verbrechen kommt immer näher.“ Und in der Gaststätte herrscht Gewissheit: „Damit musste man mal rechnen.“