Nur bedingt lustig: Der Versuch, das Thema “Rechtsradikalismus“ mit Humor zu nehmen

Rechtsradikalismus - kann das überhaupt witzig sein? „Frech und mit viel Humor“ wollten sich die Macher von „Familie Braun“ dem schwierigen Thema nähern. Und es ist auch nicht so, als ob es der achtteiligen Miniserie, die das ZDF ab Freitagabend (23 Uhr) ziemlich prominent verkauft, an Nazi-Klamauk fehle. Nur wirklich zum Lachen ist all das nicht. Und das aus mehreren Gründen.

Thomas und Kai, zwei Klischee-Neonazis Anfang 20, leben in einer Klischee-Neonazi-WG (sogar der Wasserkocher trägt ein Hakenkreuz). Und damit auch wirklich alle wissen, wie neonazihaft die beiden sind, dürfen sie sich noch durch das komplette Intro der ersten Folge pöbeln, pinkeln, spucken und randalieren – inklusive Hitlergruß im voll besetzten Bus. Rund eineinhalb Minuten geht das so, was angesichts der kompakten Fünf-Minuten-Folgen schon viel Raum einnimmt.

„Ist der nett, der Adolf Hitler?“

Man ist bis dahin geneigt, Edin Hasanovic und Vincent Krüger ihre Rollen abzukaufen. Stumpf, aggressiv, klischeerechts kommen sie rüber. Nur ändert sich alles, als eines Tages die kleine Lara (Nomie Lane Tucker) vor der Tür steht. Thomas sei jetzt dran mit Kümmern, erklärt Laras Mutter, sie werde schließlich bald zurück nach Eritrea abgeschoben. Und schon zieht der kleine, süße, bei einem One-Night-Stand zustande gekommene Unfall in die Fascho-WG ein.

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Nun ist es durchaus niedlich und amüsant, wie Lara in ihrer kindlichen Naivität versucht, sich zwischen den ganzen Soldaten- und Hitler-Devotionalien zurechtzufinden. „Ist der nett, der Adolf Hitler?“ „Das Hakenkreuz ist eigentlich ganz hübsch.“ „Seid ihr schwul?“ Die Trennlinien zwischen heiler Kinderwelt und der tumben Nazi-Folklore werden klar aufgezeigt. Nur sind die Pointen größtenteils auch vorhersehbar. Genauso wie die Vatergefühle, die sich auf einmal in Thomas regen.

Konflikt oder Klischee?

Aber was ist das nun? Lebt Thomas da wirklich einen inneren Konflikt, wenn er auf einmal seinen Golf mit dem Baseballschläger traktiert? Wenn er für Lara Gitarre spielt und sauer wird, als Laras vermeintlich netter Deutschlehrer seine Fremdenfeindlichkeit offenbart? Oder ist er doch nur der hohle Klischeenazi („Ich habe gekocht, es gibt Bockwurst.“)? Auch Kai, der seiner neuen Mitbewohnerin zumindest verbal wesentlich feindseliger gegenübertritt, bleibt nicht ganz konsequent. Auf der einen Seite ist Lara für ihn nur das „Negerkind“, von dem er nicht weiß, „ob sie Pizza isst oder irgendwelche Dschungelfrüchte“. Auf der anderen Seite kommt sein Protest doch irgendwie halbherzig rüber.

Es ist, als ob sich die Macher nicht haben entscheiden können. Für ernstzunehmende Feindbilder, mit denen man ernstzunehmende Entwicklungen durchleben kann, kommen Kai und Thomas zu stumpf daher, allerdings auch nicht stumpf genug, um einfach nur mit oder über sie lachen zu können. Das ist weder richtig spannend noch witzig.

Nun muss freilich keine Rolle in irgendeine Richtung überzeichnet sein, um eine Serie zu tragen. Doch wenn ein Nazi-Plot einfach nur dahinplätschert, irgendwo zwischen ein bisschen witzig und ein bisschen ernst, ist das gerade heutzutage nicht ganz ungefährlich. Denn irgendwo zwischen ein bisschen witzig und ein bisschen ernst liegt normal, und diejenigen, die es eh schon als normal empfinden, „Negerkind“ zu sagen, im Bus „Heil Hitler“ zu schreien oder Galgen für Angela Merkel durch Dresden zu tragen, werden dadurch kaum zum Nachdenken bewegt.

Eine kritische Auseinandersetzung in einer kritischen Zeit sieht anders aus.

• Freitag, 12. Februar, 23 Uhr, ZDF: „Familie Braun“ (immer freitags je zwei Folgen à fünf Minuten)

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