Annika Fischer . Aus Sorge vor orkanartigen Böen hatten die Hochburgen Düsseldorf und Mainz Umzüge abgesagt

„Ruzica“ heißt „Röschen“. Ein schönes Röschen ist dieses Sturmtief, das den Rosenmontag auf dem Gewissen hat: Aus Sorge vor orkanartigen Böen sagten Hochburgen wie Düsseldorf und Mainz die traditionellen Umzüge schweren Herzens ab. Doch in Köln ließen sich die Jecken nicht vom Feiern abbringen.

Es war doch wieder „härrlisch“ beim „Zoch“, nicht einmal geregnet hat’s, und so viel Wind um einen Sturm, der gar nicht da war! Nun hat man das auch in der Hauptstadt des Karnevals nicht wissen können, auch hier haben die Narren ja versucht, das Wetter zu zügeln: bauten die Planen ab über den Tribünen, verboten Schilder und Fahnen und ließen die Pferde im Stall. Was am Montag dazu führte, dass stolze Husaren und Reiterkorps in ihren hohen Stiefeln als Fußtruppen unterwegs waren.

De Zoch kütt, wie sich das gehört, und tatsächlich auch die Sonne. Die Wolken fliegen schnell, zugegeben, es reißt den Jecken die Hüte vom Kopf, aber auch große Löcher ins Grau. „Der Petrus“, sagt Brigitte gelassen in ihrem Klappstuhl, „muss ne Kölsche sein.“ Es geht die Mär, die Stadt habe ein „Jetzt erst recht“ in die Welt schicken wollen, nach allem, was war. Und dass die Absagen „oben“ an Rhein und Ruhr und „unten“ in Mainz ein Politikum gewesen seien: „Eigentlich hatten die Angst vor Terror“, sagt Brigitte, 55, die daran aber auch nicht glaubt. Es ist wohl eher so: „Der Sturm geht ja immer um Köln herum.“

Die Absage hatte nicht nur Befürworter gefunden. „Absage #Düsseldorf – für mich ein Rätsel“, twitterte ARD-Meteorologe Karsten Schwanke. Die stärksten Böen seien erst am Nachmittag oder Abend zu erwarten. Andere Wetterexperten hielten die Entscheidung jedoch für richtig.

Die Stimmung ist trotz allem gut. Es ist nicht einmal ein Uhr in Köln und die Parade keine Stunde alt, da werfen die Funkenmariechen ihre Regenhüllen ab. Hinter ihnen tanzt eine arabische Gruppe in Tracht, Syrer sind sie aus Wuppertal, Flüchtlinge wie Omar: „Wir wollen mit die deutsche Leute feiern“, sagt der 20-Jährige in noch gebrochenem Deutsch, „wir wollen mitmachen. Deutschland ist so.“

Die Polizei bückt sich, hebt Schokolade auf und Sträußchen und reicht sie weiter ins Volk. Oder sammelt Blumen in der Brusttasche; viele scheren aus dem Zug aus, um Polizisten dankbar zu bützen. Dafür, dass sie aufpassen, diesmal mit Kräften aus München. Nach Angaben des Kölner Polizeipräsidenten waren über den Tag hinweg insgesamt 1850 Beamte im Einsatz.

In Düsseldorf rollten Wagen des bekannten Wagenbauer Jacques Tilly nicht durch die Stadt, sondern vor das Rathaus, wo einige Hundert Kostümierte dem Regen trotzten. Die Themen wie immer provokant: Eine Frau hat zwei Männer an einer Silvesterrakete festgebunden und schießt sie zum Mond. „So schön wird das nächste Silvester“, heißt es dazu.

In Thüringen ist eine Debatte über einen Karnevalswagen in Wasungen (Landkreis Schmalkalden-Meiningen) entbrannt. Am Samstag war der Wagen mit der Aufschrift „Balkan Express“ durch die Südthüringer Karnevalshochburg gezogen; begleitet wurde der Wagen von als leuchtend grüne Heuschrecken verkleideten Narren. Vor allem die Wagenaufschrift „Die Ploach kömmt“ („Die Plage kommt“) wurde kritisiert.

Den Vorwurf der Fremdenfeindlichkeit wies Wagenbauer Heiko Gärtner zurück. Das Motiv habe für ihn einen geschichtlichen Hintergrund und soll an das 100-jährige Jubiläum der ersten Fahrt des sogenannten Balkanzugs erinnern.

Dem MDR Thüringen zufolge betrachtet die Staatsanwaltschaft den Wagen in Wasungen als Satire. Deswegen werde es keine Ermittlungen wegen des Verdachts auf Volksverhetzung geben, berichtete der Sender im Kurznachrichtendienst Twitter.

Nachdenken über Nachholtermine für die Umzüge

Aus mehreren Städten wurden Überlegungen zu Nachholterminen für die Umzüge laut. Vertreter des Bundes Deutscher Karneval (BDK) sehen das skeptisch. „Es gibt grundsätzlich die Regelung, dass außerhalb der Fastnachtszeit keine karnevalistischen Veranstaltungen stattfinden sollen“, sagte der Vizepräsident des BDK, Peter Krawietz, in Mainz. Das Fest sei „eingebettet in den christlichen Jahreskreis“ und finde – wie der Begriff „Fastnacht“ zeige – unmittelbar vor der Fastenzeit statt. „So bitter es ist, man kann nicht sagen, aus irgendeinem Grund fällt Weihnachten aus, also holen wir das irgendwann nach.“

Die abgesagten Umzüge drücken nicht nur auf die Stimmung, sondern womöglich auch auf den Geldbeutel. Der Präsident des BDK, Volker Wagner, sagte der „Rheinischen Post“ : „Es geht um Sponsoren, die jetzt ihr Geld zurückverlangen könnten. Nicht alle Zugteilnehmer sind gegen einen Ausfall versichert.“