Berlin. Trans- und intergeschlechtliche Menschen dürften bei der WC-Nutzung nicht diskriminiert werden. Nun gibt es ein Örtchen für alle.

Alles sieht wie immer aus: weiße Fliesen, Waschbecken, abschließbare Toilette mit Hygieneeimer. Nur auf der Tür zum Gang steht jetzt: „WC für alle Geschlechter“, auf ein aussagekräftiges Piktogramm konnte man sich offenbar nicht einigen. Als erste Senatsverwaltung in Berlin hat das Haus von Arbeits-, Integrations- und Frauensenatorin Dilek Kolat (SPD) am Dienstag vier sogenannte Unisex-Toiletten in Gebrauch genommen.

Damit solle dazu beigetragen werden, dass trans- und intergeschlechtliche Menschen bei einer so alltäglichen Sache wie der Nutzung einer öffentlichen Toilette keine Diskriminierung mehr erleben, sagte Staatssekretärin Barbara Loth (SPD). Bislang seien die meisten öffentlichen Toiletten entweder für Frauen oder für Männer ausgeschildert. Für trans- und intergeschlechtliche Menschen gehöre dies zu den größten Problemen im Alltagsleben. „Nicht selten sind diskriminierende Erlebnisse wie Raumverweise, beleidigende Äußerungen und sogar Gewaltandrohungen die Folge.“

Spielraum geschlechtsneutralen Namen soll größer werden

Als Transsexuelle werden Menschen bezeichnet, die als Angehörige des anderen Geschlechtes leben wollen. Intersexuelle haben männliche wie weibliche Geschlechtsanteile. Die klassische, wenn auch seltene Form ist der Hermaphrodit. Wie viele Menschen in Berlin oder bundesweit zu dieser Zielgruppe gehören ist unbekannt, sagte Loth.

Mit der Vorstellung der neuen Toiletten präsentierte die Staatssekretärin auch ein Gutachten über die Diskriminierung von trans- und intergeschlechtlichen Menschen in verschiedenen Lebensstationen. Gefordert wird darin unter anderem, die Fristen für die Geschlechtsangabe bei Neugeborenen zu verlängern und eine erleichterte Namensänderung bei intersexuellen Kindern. Sozialversicherungs- und Steuernummern dürften nicht mehr länger das Geschlecht erkennen lassen. Darüber hinaus heißt es in dem knapp 100 Seiten starken Gutachten, dass den Behörden bereits jetzt Spielräume offenstehen, die aber noch zu wenig genutzt würden, etwa bei der Vergabe geschlechtsneutraler Namen.

"Umwidmung" kostete 350 Euro

Sie hoffe darauf, so Loth weiter, dass auch andere öffentliche Verwaltungen und private Einrichtungen dem Beispiel ihres Hauses folgen. Bislang gibt es in Berliner öffentlichen Verwaltungen lediglich im Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg und Mitte Toiletten für alle Nutzer. Allerdings gibt es Unisex-Toiletten bereits in einigen Restaurants und Bars der Hauptstadt sowie in Parks und auf öffentlichen Plätzen. Loth verwies darauf, dass die gemeinsame Nutzung einer Toilette etwa durch Frauen und Männer schon heute beispielsweise in Zügen oder im Flugzeug die Regel sei.

Die „Umwidmung“ der bisherigen Damen und Herrentoiletten im Gebäude der Senatsverwaltung hat den Angaben zufolge pro WC 350 Euro gekostet. Jetzt gibt es dafür zusätzliche Trennwände und eine abschließbare Eingangstür zum eigentlichen WC-Raum.

Mit der Einrichtung von WC's „für alle Geschlechter“ folgt die Senatsverwaltung einem Beschluss des Berliner Abgeordnetenhauses vom Februar 2015. Auch bei der Bundesregierung gibt es mittlerweile eine interministerielle Arbeitsgruppe zur Lebenssituation trans- und intergeschlechtlicher Menschen. Die rechtliche Absicherung der „selbstbestimmten Geschlechtsidentität“ stand auf der Tagesordnung der Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenminister im Juli dieses Jahres.