Stuttgart. Statt zu helfen, fährt eine 21 Jahre alte Frau weiter. Ein Gericht in Stuttgart urteilt: versuchter Mord

Während der Fahrt hat eine junge Autofahrerin mehr Interesse an ihrem Handy als an der Straße und verursacht einen tödlichen Unfall. Weil sie nicht hilft, verurteilt das Landgericht Stuttgart die 21-Jährige wegen versuchten Mordes zu zwei Jahren Jugendstrafe auf Bewährung.

Die Angeklagte hatte zu Prozessauftakt geleugnet, beim Fahren Textnachrichten auf ihrem Telefon getippt zu haben. Nach dem Aufprall will sie in Panik davongefahren sein und nicht bemerkt haben, dass sie mit ihrem Auto zwei Radfahrer erfasst hatte. Einer starb, der andere wurde schwer verletzt. Durch die Kurznachrichten „war die Angeklagte so abgelenkt, dass sie die Radfahrer nicht wahrnahm“, sagte die Vorsitzende Richterin.

Die junge Frau war an einem Augustmorgen 2014 auf einer Bundesstraße zwischen Weil der Stadt und Renningen westlich von Stuttgart ungebremst in die Männer gefahren. Nach Gerichtsangaben muss sie rund neun Sekunden nicht auf die Straße geschaut haben. Die Radfahrer waren nach Aussage der Vorsitzenden Richterin auf der geraden Strecke gut erkennbar – sie trugen auffällige Kleidung. „Ausweichen wäre durch eine leichte Lenkbewegung möglich gewesen.“

Die Fahrerin hatte bei dem Unfall gegen 7.45 Uhr nicht einmal versucht auszuweichen. Durch den Zusammenstoß wurden die Männer in eine Wiese geschleudert. Der Aufprall dauerte nach Erkenntnissen des Gerichts höchstens 0,2 Sekunden. Die Reaktionszeit, die es braucht, um den Blick aufzurichten, sei 0,5 Sekunden lang. Die Autofahrerin hatte nach dem Aufprall kurz angehalten, war dann aber trotz schwerer Schäden an ihrem Wagen weitergefahren, unter anderem mit einem platten Reifen. Das Gras sei hoch gewesen, die Opfer hätten weit von der Straße entfernt gelegen, so die Vorsitzende Richterin. „Ob sie die Radler sah, ist unklar.“

Das Urteil erging unter anderem wegen versuchten Mordes, weil die Frau nach Angaben des Gerichts billigend in Kauf genommen hatte, dass durch ihre unterlassene Hilfeleistung jemand stirbt. Sie habe wegen des starken Aufpralls annehmen müssen, dass sie mindestens einen Menschen mit ihrem Fahrzeug erfasst hatte, und habe laut Staatsanwaltschaft mit ihrer Flucht die Absicht gehabt, ihre Tat zu verdecken.