Magdeburg/Lüneburg/Hamburg. Die Elbe führt so wenig Wasser wie lange nicht mehr. Schifffahrt kommt vielerorts zum Erliegen, in Magdeburg gedeihen Tomaten am Fluss.

Die Elbe schwankt von einem Extrem ins andere: Vor zwei Jahren sorgte die Jahrhundertflut noch für Überschwemmungen, nun führt der Fluss an manchen Stellen so wenig Wasser wie noch nie zuvor gemessen. Wegen der anhaltenden Trockenheit herrscht im oberen und mittleren Verlauf der Elbe starkes Niedrigwasser. Dort ist die Schifffahrt weitgehend zum Erliegen gekommen.

Beispiel Magdeburg, Strombrücke: Beim Hochwasser 2013 wurde hier ein Pegelstand von bis zu 7,47 Meter gemessen. Diese Woche lag der Fluss rund sieben Meter tiefer. Der Pegel zeigte gerade noch 55 Zentimeter an.

Noch extremer sind die Veränderungen der Wassermenge: 2013 waren bei der Flut in der Spitze 5140 Kubikmeter pro Sekunde geflossen, sagt Detlef Möbes vom Landesbetrieb für Hochwasserschutz. Jetzt sind es jetzt nur noch 156 Kubikmeter - ein Rückgang um 97 Prozent. Weiter flussaufwärts in Dresden haben sich sogar schon kleine Inseln im Flussbett gebildet.

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Verlierer der Trockenheit ist die Schifffahrt

Während beim Hochwasser noch viel über menschliche Ursachen für die extremen Überflutungen diskutiert wurde, sehen Experten die niedrigen Stände derzeit eher als eine Laune der Natur. „Wir haben eine extreme meteorologische Situation“, sagt etwa Kerstin Stahl, Hydrologin an der Uni Freiburg. „Die Elbe ist einer der natürlichsten Flüsse in Europa.“ Andere Flüsse wie etwa der Rhein seien wesentlich stärker begradigt worden. Abhilfe sei kaum möglich. „Je länger der Fluss ist, desto weniger kann man machen.“ Nur wenig hilft auch flussabwärts, dass in Tschechien Wasser aus Stauseen gelassen wird. Immerhin ist die Elbe mehr als 1000 Kilometer lang.

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Verlierer der Trockenheit ist vor allem die Schifffahrt. Frachtschiffe oder auch Ausflugsschiffe haben ihren Betrieb eingestellt. Die Weiße Flotte Magdeburg ist zum Beispiel mit einem von drei Schiffen auf den Mittellandkanal ausgewichen.

Und selbst weiter flussabwärts in Darchau im Landkreis Lüneburg und Neu Darchau im Landkreis Lüchow-Dannenberg ist der Fährbetrieb unterbrochen. Fähre „Tanja“ stehe seit Dienstagabend nicht mehr zur Verfügung, teilte Sprecherin Elena Bartels vom Landkreis Lüneburg mit. „Das hat es tatsächlich noch nie gegeben, “, sagte sie. In Hamburg gebe es dagegen noch keine Beeinträchtigung des Fährverkehrs, wie ein Sprecher der „Hamburg Port Authority“ (HPA) dem Abendblatt am Donnerstag mitteilte.

Wegen Niedrigwasser: Tomaten gedeihen auf Felsen

Der niedrige Wasserstand der Elbe bringt auch zu Tage, was sonst in den Fluten verborgen ist. So tauchen an manchen Stellen der Elbe nun „Hungersteine“ auf, so etwa in Wehlen in der Sächsischen Schweiz oder in Schönebeck bei Magdeburg. Die Steine wurden vor Jahrhunderten von Anwohnern der Elbe bei extrem niedrigen Wasserständen ins Flussbett gelegt und oftmals mit einer Jahreszahl versehen. Den Namen bekamen sie, weil ihre Sichtbarkeit auf Ernteausfälle oder das Aus für die Schifffahrt hinwies - und die Menschen dann zu hungern hatten.

Und noch eine Laune der Natur zeigt sich in Magdeburg: Der extrem niedrige Wasserstand lässt auf dem Domfelsen Tomaten gedeihen. Zwischen Steinen und Geröll blühen zahlreiche Pflanzen, einige haben sogar schon grüne Früchte. Der Felsen, auf dem auch der Magdeburger Dom steht, ragt bei dem derzeitigen Niedrigwasser weit in den Fluss hinein. Dagegen ist er bei normalen Wasserständen gar nicht zu sehen.

Wissenschaftler haben eine einfache Erklärung für das ungewöhnliche Schauspiel: Das Saatgut könnte aus übergelaufenen Kläranlagen stammen. „Die Samen der Tomaten passieren den Darm im keimfähigen Zustand“, sagte Professor Dietmar Brandes von der TU Braunschweig am Donnerstag. Auf dem Domfelsen fänden Tomaten gute Bedingungen. „Der Schlamm ist sehr nährstoffhaltig.“ Und der fehlende Regen in den vergangenen Wochen habe den Pflanzen auch gut getan.