Neu Delhi. Es sind schon mehr als 1400 Menschen gestorben. Die Temperaturen erreichen bis zu 48 Grad

Der Zebrastreifen in der indischen Hauptstadt Neu Delhi erinnert an einen Marmorkuchenteig, den der Bäcker gerade kräftig durchgerührt hat. Weiß und schwarz verziehen sich, lagern sich übereinander und fließen an der Seite raus. Kein Wunder: Seit Tagen brennt die Sonne erbarmungslos auf Indien nieder. Die Temperaturen liegen bei bis zu 48 Grad. Wer kann, springt deswegen in einen Teich, sucht sich einen Ventilator oder den Schatten eines Baumes.

Doch nicht alle schaffen es, der Hitze zu entfliehen. In den vergangenen Tagen starben nach offiziellen Angaben täglich Hunderte Menschen, mehr als 1400 waren es insgesamt. Die meisten davon waren direkten Sonnenstrahlen ausgesetzt – sie gingen trotz der extremen Temperaturen raus zum Arbeiten. „Wir müssen etwas verdienen, um unseren Familien wenigstens zwei Mahlzeiten zu ermöglichen“, sagt Taxifahrer Naeem Khan.

Ein Viertel der 1,25 Milliarden Menschen in Indien hat keinen Strom. Bei ihnen läuft kein Deckenventilator, von einer Klimaanlage ganz zu schweigen. In den südlichen Bundesstaaten Telangana und Andhra Pradesh, die bisher am schwersten von der außergewöhnlichen Hitzewelle betroffen sind, haben die Behörden bereits Tausende Wasserstellen für die Menschen eingerichtet. Sie fordern die Bevölkerung auf, zwischen 11 und 16 Uhr ihre Häuser und Büros nicht zu verlassen. An Bushaltestellen und Bahnhöfen werden in diesen Tagen Trinklösungen mit Zucker, Salz und anderen Elektrolyten ausgegeben.

Ein nahes Ende der tödlichen Hitze ist derzeit nicht in Sicht. Der Monsunregen, der das Ende des Sommers einläutet und Abkühlung bringt, ist noch Tage oder sogar Wochen entfernt. Im Süden des Landes wird er Anfang Juni erwartet, im Norden erst Anfang Juli.