Münster . Der Eurojackpot lockt mit 90 Millionen Euro. Damit das Geld auch wirklich glücklich macht, gibt es Gewinnerbetreuer.

Sie bringen das Glück in Form von hohen Geldsummen. Doch weil der Millionengewinn, den sie vermitteln, auch das Leben auf den Kopf stellen kann, haben die Lotto-Mitarbeiter zuerst viele Ratschläge für frische Millionäre - erst recht dann, wenn es um 90 Millionen Euro gehen könnte. Damit lockt am Freitag der Eurojackpot.

Wer eine große Summe abräume, stehe zuerst meist völlig unter Schock, berichtet Westlotto-Sprecher Axel Weber. Im Kopf wirbeln viele Fragen: Ferrari kaufen oder so tun als sei nichts? Eine Party schmeißen oder lieber den Job?

Informationsgespräch ab 100 000 Euro

Darum stehe jedem Gewinner von einer Summe ab 100 000 Euro ein Informationsgespräch zu. Gerade Gewinner von Millionen nähmen das oft an. Immerhin: Statistisch gesehen mache Lotto in Deutschland alle zweieinhalb Tage einen neuen Millionär. Die Gewinnerbetreuer, wie die Spezialkräfte bei Westlotto heißen, haben folglich allerhand zu tun. Wer sie sind und wie sie aussehen, wird geheim gehalten.

Warum diese Verschwiegenheit? Lotto will nicht nur seine Mitarbeiter vor bohrenden Nachfragen schützen, sondern vor allem die Gewinner. „Die erste goldene Regel lautet: Jubelt leise und nur im allerkleinsten Kreis“, sagt Weber. Manche gehen dabei sogar noch weiter: „Wir hatten mal einen Mann, der wollte sich unbedingt auf einem Autobahnparkplatz zum Gespräch treffen - aus Sorge, seine Frau kriegt etwas mit“, erzählt Weber.

Maßnahmen zur Wahrung der Anonymität

Um die Anonymität zu wahren, hat Lotto weitere Maßnahmen getroffen: Niemand braucht zu fürchten, dass in der Annahmestelle ein Gratulationsfeuerwerk startet, wenn man einen Schein mit richtigen Zahlen vorzeigt. „Gewinne, die über 5000 Euro sind, werden dort pauschal als Großgewinn angezeigt“, sagt Weber. Der Spieler muss sich dann an die Lotteriegesellschaft wenden.

Dort prüfen dann die Betreuer, ob der Schein echt und korrekt ausgefüllt ist. Immer wieder gebe es Trittbrettfahrer. „Unsere Mitarbeiter kennen alle Tricks und klare Betrugsversuche bringen wir zur Anzeige“, warnt Weber. Finanzberater und Psychologen seien sie jedoch nicht, betont Weber. Langjährige Erfahrung mache sie aber zu guten Erst-Ansprechpartnern für die vielen Fragen eines Frisch-Millionärs. Etwa diese hier: Wie erkläre ich, dass ich mir plötzlich ein Haus leisten kann? Antwort von Weber: „Sagen Sie ruhig, dass Sie im Lotto gewonnen haben, aber eben nur eine kleine Summe.“

Schock statt Schampus

Die Menschen, auf die die Betreuer treffen, seien eher nervös als euphorisch. „Sie sind erstmal völlig schockiert, wenn der Betreuer auch tatsächlich ihren Gewinn bestätigt“, sagt Weber. „Sofort in Schampus baden will da keiner.“ Diesen Schock könne man nur mit Zeit überwinden. Schließlich stehe man vor der Frage, wie und ob das viele Geld und das Leben verändere.

Dass sich das Leben beim Lottospielen auch ohne Millionengewinn zum Schlechten verändert, ist dagegen eher unwahrscheinlich: Das Suchtpotenzial ist laut Experten der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) eher gering. „Nur wenige Spieler werden vom Lottospielen süchtig“, sagt Suchtpräventionsexpertin Anne Pauly von der BZgA. Zu selten seien die Ziehungen.

Allerdings habe ein Gutachten zum Eurojackpot gezeigt, dass die dort in Aussicht gestellten zahlreichen Kleingewinne in Kombination mit dem hohen Jackpot auf manche Spieler durchaus suchtgefährdend wirken könnten: Einerseits erfahre ein Spieler, dass Gewinnen möglich sei und entwickle dann eine verzerrte Erwartung, was den Jackpot betreffe, erklärt Pauly. „Kritisch wird es dann, wenn Spieler mehr Geld einsetzen, als sie geplant oder zur Verfügung haben.“

Glück, Pech und Pannen - Geschichten aus der Lotterie

ZAHLENKOMBINATIONEN: Der Hang vieler Lottospieler zu besonderen Zahlenkombinationen oder Mustern auf ihren Tippscheinen hat den Spielern in der Vergangenheit zwar manchmal Glück, aber meist eine geringe Ausbeute gebracht. Weil Tipps mit witzigen Zahlenanordnungen gehäuft vorkommen, teilen sich den Gewinn eben auch mehr Spieler als sonst. Beispiel: 1999 mussten sich die Tipper der Gewinnzahlen 2-3-4-5-6 (fünf Richtige) mit je 194 Euro begnügen. Mehr als 38 000 Tipper hatten diese Zahlenreihe angekreuzt.

DOPPELTE GEWINNER: Erst kürzlich, Anfang April, wurde bekannt, dass ein britisches Ehepaar zum zweiten Mal eine Million Pfund (etwa 1,3 Millionen Euro) bei der National Lottery gewonnen hat. Beim zweiten Gewinn kam zum Geldsegen noch ein Auto dazu. Das Paar kaufte nach dem ersten Gewinn im Juli 2013 weiterhin Lottoscheine. „Ich wusste einfach, dass ich eines Tages noch einmal gewinnen würde“, sagte David Long, ein Lkw-Fahrer im Ruhestand.

GEDULD: Zwei Brüder aus dem US-Bundesstaat New York gewannen 2006 im Lotto 5 Millionen Dollar - lösten ihren Gewinn aber erst nach sechs Jahren ein. Der Gewinn wurde rund zehn Tage, bevor der Lottoschein ungültig geworden wäre, abgeholt. Medienberichten zufolge hatte der Gewinner Sorge, dass das viele Geld einen negativen Einfluss auf sein Leben und insbesondere die Partnerschaft mit seiner Frau haben könnte. Er entschied sich, das Geld erst nach seiner Hochzeit abzuholen. Und die Hälfte seinem Bruder zu schenken.

GLÜCK MIT UNGLÜCKSZAHL: Freitag der 13. gilt als Unglückstag - für einen Franzosen war jedoch im August 2010 das Gegenteil der Fall: Er gewann am Freitag dem 13. im Lotto und knackte den Jackpot. Kein Witz: darin waren ausgerechnet 13 Millionen Euro.

RIESENLOTTERIE: In Spanien ist die Weihnachtslotterie ein wichtiges Ritual zum Fest. Die „Lotería de Navidad“ gilt als die älteste und größte Lotterie der Welt. Verteilt werden Milliardensummen, die ganze Nation hofft auf den Hauptgewinn „El Gordo“ (der Dicke).

PECH: Plötzlicher Reichtum kann den Glückspilz auch zum Pechvogel machen. Als prominentester Fall aus Deutschland gilt „Lotto-Lothar“. Der Arbeitslose aus Hannover gewann 1994 umgerechnet zwei Millionen Euro. Er kaufte einen Lamborghini und widmete sich dann vor allem Alkohol, Partys und Frauen. Fünf Jahre nach seinem Millionengewinn war er tot. Witwe und Freundin stritten lange ums Erbe.

PANNEN: Pannen bei der Ziehung der Glückszahlen sind selten, aber sorgen dann für viel Verunsicherung. Bei der bisher wohl größten Panne in Deutschland rollten beim Mittwochslotto am 3. April 2013 nicht alle Kugeln in die Trommel, zwei hingen fest. Die Zahlen wurden für ungültig erklärt, die Ziehung wiederholt. Anderer Fall: Am 19. November 2014 ging im ZDF der Beitrag mit den Zahlen der Vorwoche auf den Sender. Nach einer knappen halben Minute wurde die Ausstrahlung gestoppt. Es folgte ein Programmhinweis. In der anschließenden „Heute“-Sendung wurden dann die richtigen Zahlen verbreitet.

(dpa)