Potsdam . Wochenlang war die 14 Jahre alte Josephine mit ihrem 33 Jahre älteren Onkel auf der Flucht - aus Liebe, wie die Vernehmungen ergaben.

Aus Liebe war die 14-jährige Josephine aus Schildow (Oberhavel) mit ihrem 47 Jahre alten Onkel wochenlang auf der Flucht. Das habe das Mädchen am Freitag einer Kripobeamtin in der Vernehmung erklärt, sagte Polizeisprecherin Dörte Röhrs am Montag auf Anfrage. „Sie sagte, dass sie freiwillig mit dem Onkel gereist sei, weil sie mit ihm eine Liebesbeziehung habe“, sagte Röhrs. „Damit ist der Vorwurf der Entziehung Minderjähriger gegen den Onkel vom Tisch.“ Weitere Einzelheiten nannte die Sprecherin nicht. Josephine und der Berliner Architekt waren Anfang März plötzlich verschwunden und kurz nach Ostern in Südfrankreich entdeckt worden.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den 47-Jährigen wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs eines Kindes. Allerdings ist nicht klar, wo sich der Mann gerade aufhält. Es gebe noch keinen Kontakt zu dem Onkel. Nachdem die Eltern Josephine aus Frankreich abgeholt hatten, hatte die Polizei ihn auf freien Fuß gesetzt, weil kein Haftbefehl vorliegt. „Josephine hat ihren Onkel in der Vernehmung nicht belastet“, sagte Oberstaatsanwalt Jürgen Schiermeyer lediglich. „Wir prüfen nun weitere Ermittlungsschritte.“

Nach Angaben der Mutter geht die Gymnasiastin noch nicht wieder zur Schule. „Wir müssen jetzt erst einmal zur Ruhe kommen“, sagte sie am Montag. Neben der europaweiten Fahndung der Polizei hatte die Familie auch über Facebook nach der Tochter gesucht. Mit Erfolg: „Der entscheidende Hinweis kam von einer Urlauberin, die Josephines Bild auf Facebook gesehen hatte“, sagte die Mutter. Daraufhin hatte die Polizei das Paar im Küstenort Valras-Plage aufgegriffen.

Wochenlange Flucht

Die Gymnasiastin war Anfang März wie aus heiterem Himmel verschwunden, nachdem ihr Vater sie wie jeden Morgen zum Bahnhof gebracht hatte. Von dort fuhr sie stets mit dem Zug zur Schule nach Oranienburg. Danach gab es kein Lebenszeichen mehr - und keinen Abschiedsbrief, kein Wort der Erklärung. Schnell kam der Verdacht auf, Josephine sei mit ihrem Onkel irgendwo in Richtung Süden.

Denn auch der Berliner Architekt und Familienvater war an dem selben Tag nicht mehr zur Arbeit erschienen und seitdem wie vom Erdboden verschluckt. Und Josephine hatte in einem Einkaufsbeutel ein paar leichte Klamotten und Sonnencreme eingepackt.

Eltern ahnten Verhältnis

Die Ermittlungen der Polizei ergaben, dass die beiden mit dem Transporter des 47-Jährigen und einem geliehenen Wohnwagen unterwegs sein mussten. Der Vater von Josephine vermutete sofort, dass der Druck für die beiden wegen ihres heimlichen Liebesverhältnisses zu groß geworden war. Denn eine Woche vor dem Verschwinden habe seine Schwester einen Verdacht geäußert, dass zwischen den beiden etwas laufe, berichtete der Vater. „Das haben aber beide überzeugend abgestritten.“

Der Vater habe sich dann sogar bei seinem Schwager für den Vorwurf entschuldigt, während dieser offensichtlich bereits die Flucht mit seiner Tochter geplant habe. Josephine sei sicher klar gewesen, dass ihre Familie und ihre Tante diese Beziehung niemals akzeptieren würden. Auch aus Sicht der Mutter war ein Liebesverhältnis der beiden der Grund für die abenteuerliche Flucht: „Sie ist sich sicherlich bewusst, dass ihr Onkel eine Straftat begeht und dass er Konsequenzen zu erwarten hat.“ (dpa)