Lagos . Weil seine Tochter weiß sein wollte wie ihre Puppe, entwarf ein Nigerianer die „Queen Dolls“. Spielzeug sei nicht nur zum Spaß da.

In den Spielzeugläden von Lagos stehen sie dicht an dicht: Cinderella, Schneewittchen, Meerjungfrau-Barbie. Hinter ihren Plastikboxen lächeln sie die Kunden an. Perfekt geschminkt, perfektes Outfit und nur eine Hautfarbe: weiß.

Seit einiger Zeit wird es allerdings deutlich bunter in den Regalen von Nigerias Hauptstadt. Die neuen Bestseller tragen ausladenden Kopfschmuck, Kleider aus afrikanischen Stoffen, und die Farbe ihrer Haut ist so braun wie die ihrer kleinen Kundinnen. Die „African Queen Dolls“ der Firma Fico Solutions drängen in Nigeria sogar die allgegenwärtige Barbie der Firma Mattel vom Markt. Erfunden hat die schwarzen Puppen der Nigerianer Taofick Okoya. Der Gründer entwarf die ersten Puppen 2007, mit einem Startkapital von rund 100.000 US-Dollar.

Die Idee kam ihm per Zufall. „Ich suchte eine Puppe für meine Nichte, alle waren weiß. Auch meine Tochter hatte nur weiße Puppen. Obwohl sie erst drei Jahre war, führte das bei ihr zu einer Identitätskrise, sie stellte ihr Aussehen in Frage“, erzählt Okoya. Ein neuer Typ Puppe musste her.

Die „African Queen Dolls“ sind so unterschiedlich wie die Frauen ihres Heimatlandes. Jede der drei Typen repräsentiert einen anderen Stamm. Nneka ist eine Igbo aus dem Osten Nigerias, Wuraola eine Yoruba aus dem Süden. Ihre Freundin Azeezah ist eine Hausa-Königin aus dem Norden. Ihr Name deutet auf ihre muslimische Religion hin, ihre Hautfarbe ist am dunkelsten. Okoya hat sie nach seiner Tochter benannt.

Mit den Königinnen will Okoya das Selbstbewusstsein von Mädchen stärken. Spielzeug sei nicht nur zum Spaß da, Kinder benutzen es unbewusst zur Identifikation, sagt der Puppen-Vater. „Meine Tochter wünschte sich, weiß zu sein, weil alle ihre Puppen weiß waren. Sie liebte sie, sie wollte aussehen wie sie, aber dann schaute sie in den Spiegel und sah etwas völlig anderes.“ Ein Kind kann das sehr verunsichern. „Unsere schwarzen Puppen sollen Kindern Selbstvertrauen geben und ihnen spielerisch ihre eigene Herkunft bewusst machen.“

Im Hinblick auf ihre schlanken Modelmaße stehen die schwarzen Puppen den weißen Barbies nicht nach. Okoya: „Erst mal wollten wir, dass die dunkle Hautfarbe akzeptiert wird.“ Danach könne es auch dickere Puppen geben. „Ich persönlich würde der Puppe einen gesunden Look verpassen. Einige Erwachsene wollten fette Puppen haben, aber ist das etwa gesund? Dünn ist aber auch noch nicht das richtige.“

Wie ihre Vorbilder aus dem echten Leben bekommen die Königinnen eine spezielle Behandlung. Okoyas Arbeiterinnen flechten die schwarzen und braunen Plastikhaare zu afrikanischen Zöpfchen. Eine Stunde dauert das pro Puppe. Die Kleider werden per Hand mit Stoffen vom Markt genäht. Hundertprozentige Afrikanerinnen sind die Puppen dennoch nicht: Ihre Körper werden in China hergestellt und in Einzelteilen nach Nigeria geliefert. Weil sich die Königinnen so gut verkauften, entwarf Okoya die Prinzessinnen. Sie sind billiger und für einen Massenmarkt gedacht. Auch sie stammen von den drei großen Stämmen des Landes ab, tragen traditionelle Outfits, haben unterschiedliche Hauttypen.

Obwohl die African Queens und Princesses nicht die ersten dunkelhäutigen Puppen sind, wurden sie in Nigeria schnell zum Verkaufsschlager. Bis zu 9000 gingen anfangs jeden Monat über den Ladentisch. Die Puppen kosten zwischen 1300 und 3500 Naira, zwischen sechs bis 16 Euros.

Längst sind die „African Queens“ auch außerhalb ihrer Heimat bekannt. Die Puppen verkaufen sich auch in der Elfenbeinküste, der Schweiz, den Niederlanden, England und den USA, nach Nigeria der größte Absatzmarkt.