Hamburg. Die schönste Jahreszeit? Von wegen! Im Frühling leiden Allergiker, es kommen die Depressionen und nur die Harten kommen in den Garten.

Vom Eise befreit... Jeder sehnt den Frühling herbei, doch welche Gefahren birgt er eigentlich? Da sind natürlich die Pollen, die Allergiker quälen, da sind die Risiken für Autofahrer, die auf hohe Temperaturen setzen – und plötzlich gibt es noch einmal Frost und Glatteis. Auch das Wetter in Hamburg und im Norden wird am Wochenende wieder ungemütlicher. Offiziell ist der Winter am 20. März um 23.45 Uhr MEZ vorbei und der Frühling da. Tag und Nacht sind gleich lang. Meteorologen teilen Jahreszeiten in volle Monate ein, „ihr“ Frühling begann darum schon am 1. März. Auch die Hobbygärtner legen jetzt richtig los. Sie wissen: Nur die Harten kommen in den Garten. Hier finden Sie weitere Risiken und Nebenwirkungen des Frühlings.

Frühjahrsmüdigkeit: Die Natur erwacht – aber der Mensch will schlafen. Viele fühlen sich schlapp - obwohl draußen die Sonne lockt. Frauen sollen etwas öfter betroffen sein als Männer. Der Körper braucht Kraft für die Umstellung auf wärmere Temperaturen, mehr Licht - und vor allem mehr Aktivität. Der Grundumsatz fährt hoch. Das kostet Energie. Zugleich ist der Spiegel des Hormons Serotonin noch niedrig. Wirklich erforscht ist das Müdigkeitsphänomen nicht. „Warum sollte man das auch untersuchen - es ist ja keine Krankheit“, sagt Dieter Kunz, Chefarzt der Klinik für Schlaf- und Chronomedizin am St. Hedwig-Krankenhaus in Berlin. Im Gegenteil: „Wer frühjahrsmüde ist, sollte sich freuen.“ Denn bei ihm funktioniere noch das System an inneren Uhren mit Sommer- und Winter-Rhythmus.

Frühjahrsdepression: Sonne, Blumen, fröhliche Menschen - und gerade jetzt verfallen einige in Trübsal. „Alles nervt tierisch, und besonders die glücklichen Gesichter ringsum“, schreibt ein Betroffener ratlos im Internet. Ein anderer: „Bin einfach die ganze Zeit traurig und schlecht gelaunt.“ Auch hier ringen Körper und Psyche mit der Umstellung. „Es sind ganz viele kleine Rädchen, die sich umstellen müssen. Es ist Sand im Uhrwerk - und da knirscht es“, sagt Kunz. Um eine echte Depression handelt es sich meist nicht. Hausmittel: Licht und frische Luft - am besten gleich morgens bei einem Spaziergang.

Heuschnupfen: Es grünt und blüht - und viele Menschen niesen. 15 bis 20 Prozent der Bevölkerung leiden an Heuschnupfen, sagt der Allergologe Ulf Darsow von der Technischen Universität München. Die „Saison“ ist schon in vollem Gange. „Die Haselpollen fliegen - und zwar erheblich. Gerade an den wärmeren Tagen führt das zu Beschwerden.“ Als nächstes sind Erle und Birke dran; dann folgen Weide und Ulme. Das Problem könnte sich verschärfen. „Der Klimawandel kann Blühzeiten verlängern und einander annähern.“

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Sommerzeit: Eine Stunde länger hell. Sommerzeit. Wunderbar. Aber manche trifft der Mini-Jetlag hart: Patienten, die extrem pünktlich Medikamente nehmen müssen. Schichtarbeiter, die ohnehin unter Unregelmäßigkeit leiden. Nachteulen, die nun früher aus den Federn müssen. Kühe, die im Melkrhythmus durcheinander kommen. Das Vieh wird heute jedoch sanft umgewöhnt. „Milchviehbetriebe und Rinderhalter sind dazu übergegangen, in Fünf-Minuten-Schritten früher zum Melken zu gehen, damit ein fließender Übergang stattfindet“, sagt Markus Peters vom Bayerischen Bauernverband.

Autobahn: Der Winter hat im Asphalt Schlaglöcher und Risse hinterlassen. Im Frühjahr büßen die Autofahrer dafür: Mit dem Ende der Frostperiode rücken die Bautrupps an. Baustellen. Einspurige Fahrbahnen. Staus. Immerhin, die Bauerei belebt den Arbeitsmarkt.

Kleiderschrank: Die winterblassen Arme und Beine vertragen noch nichts Kurzes. Aber es kommt schlimmer. Die schicke Bluse vom Vorjahr, die knappen Shorts, der figurbetonte Röhrenrock - passen nicht mehr. Winterspeck. Die Verzweiflung treibt manchen zum Shoppen - auf der Suche nach einer Nummer größer. Das tut wenigstens dem Handel gut.

Emotionen: Frühling - die Zeit zum Flirten und Verlieben. Ein Grund: Hormone. Das Glückshormon Serotonin wird stärker produziert. Und bei Männern steigt der Testosteron-Spiegel. Im Frühling und Sommer sei er bis zu 15 Prozent höher, sagt der Chronobiologe Alexander Lerchl von der Jacobs-University in Bremen. Dazu kommt die Psyche: „Die Menschen reagieren nach wie vor, wenn das andere Geschlecht weniger anhat.“ Bis in die 1970er Jahre wurden im Mai und Juni die meisten Kinder gezeugt. Menschheitsgeschichtlich günstig, denn sie kamen zum Frühling zur Welt - „und das war früher die beste Zeit, um Kinder großzuziehen.“ Heute liege der Zeugungspeak im Dezember - weil er viele Festtage hat und so Zeit und Muße bietet. Sogar auf die Frühlingsgefühle ist also nicht mehr unbedingt Verlass.

Garten: Beim Säen geht es los mit frostharten Einjährigen wie Ringelblume, Duftwicke und den ersten Salatpflanzen. Die Samen kommen in Aufzuchtschalen mit normaler Pflanzerde, erklärt Isabelle Van Groeningen von der Königlichen Gartenakademie in Berlin. Es gibt aber auch spezielle Pikier- und Aussaaterde im Handel. Wichtig ist, dass diese frei von Keimen und sauber ist, betont Karl Rehner, Vorstandsmitglied des Bundesverbands Einzelhandelsgärtner in Berlin. Daher darf auch Erde vom vergangenen Jahr nicht noch einmal verwendet werden. Die Erde wird leicht angedrückt. Dann kommen die Samen entweder unter oder auf den Boden - denn es gibt sogenannte Licht- und Dunkelkeimer. Damit gemeint sind die Lichtverhältnisse, die die Pflanzen brauchen, um anzutreiben. Lichtkeimer werden einfach auf die Erde gelegt, höchstens eine Schicht Zeitungspapier darf sie bedecken und so vor dem Austrocknen schützen, erklärt die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen. Dunkelkeimer brauchen eine Decke aus Erde.

Pflegen: Optimal ist ein Anzuchtgewächshaus mit Deckel. Darunter bildet sich das für die heranwachsenden Pflanzen optimale Kleinklima: „Es ist warm, und es herrscht eine hohe Luftfeuchtigkeit“, erklärt Rehner. „Optimal sind 80 bis 90 Prozent - das herrscht in der Wohnung ja normalerweise nicht.“ Die Alternative ist eine durchsichtige Plastiktüte über dem Topf. In den ersten ein bis drei Tagen bleiben Deckel und Tüte zu. Danach sollte man sie einmal am Tag eine Stunde lang einen Spalt weit öffnen, um die Luft auszutauschen. Wer für ein paar Tage verreist, lässt die Abdeckung für die ganze Zeit ein wenig offen. Gegossen werden die Pflanzen im Anzuchttopf nach Gefühl, sagt Rehner: Die Erde sollte zwischen den Wassergaben antrocknen, aber nicht austrocknen. Dünger brauchen die Pflanzen in Anzuchterde nicht.