Pittsburgh. Schäferhund Rocco sollte einen Verbrecher stellen – der hatte ein Messer. In Deutschland ist das nur „Sachbeschädigung“

Es war eine der größten Beerdigungen für einen Polizeihund, die Amerika je gesehen hatte. Mehr als 1200 Trauergäste hatten sich im vergangenen Jahr an der Soldiers & Sailors Memorial Hall and Museum in Pittsburgh versammelt, um dem achtjährigen Rocco ein letztes Geleit zu geben. Der Schäferhund war wenige Wochen zuvor bei einem Einsatz schwer verletzt worden und später in einer Klinik gestorben.

Unter den Trauernden war damals auch Roccos Trainer und Partner, Polizeioffizier Philipp Lerza. Er war mit seiner Frau und seinen beiden zehn und sechs Jahre alten Töchtern gekommen. Lerza ging durch ein Spalier seiner Kollegen und hielt ein gerahmtes Foto mit Trauerschleife seines Hundes vor sich. Dabei ertönte im Hintergrund Dudelsackmusik, so wie sie in den USA bei Beerdigungen von Polizisten traditionell gespielt wird. Die Beamten salutierten. Die Hunde bellten. Insgesamt 45 Minuten dauerte die Zeremonie. Sie wurde live im Lokalfernsehen übertragen und sorgte bundesweit für Schlagzeilen.

Knapp ein Jahr nach dem emotionalen Abschied von Rocco, für den später sogar Gesetze geändert wurden, verurteilte eine Richterin im Bezirk Allegheny bei Pittsburgh jetzt den Mann, der den Polizeihund mit einem Messer erstochen hatte. Der 22 Jahre alte John Rush muss für die Tötung von Rocco und den Angriff auf zwei Polizisten für mindestens 17 Jahre und neun Monate hinter Gitter. Es ist eine der längsten Gefängnisstrafen, die im Zusammenhang mit einem „Mord“ an einem Polizeihund verhängt wurden. Der Verurteilte nahm das ungewöhnlich hohe Strafmaß ohne Regung zur Kenntnis. Rush hatte schon während der Verhandlung jede Aussage verweigert. Sein Anwalt hatte vergeblich auf Notwehr plädiert.

Im Vorstrafenregister des Täters stehen 20 Festnahmen wegen Gewaltdelikten

Wenig hilfreich für ihn war sicherlich, dass sogar Rushs Mutter ihren Sohn als „schwierigen Menschen“ bezeichnet hatte, vor dem sie selbst Angst habe. „Ich habe nachts immer meine Tür abgeschlossen, wenn er bei mir übernachtet hat“, sagte Renee Rush vor Gericht aus. Ihr Sohn habe mentale Probleme gehabt und lange Zeit in einer geschlossenen psychiatrischen Anstalt gelebt. Er sei gewalttätig gewesen und habe immer Ärger mit dem Gesetz gehabt.

Seinem Vorstrafenregister zufolge wurde Rush insgesamt 20 Mal wegen Gewaltdelikten festgenommen und war zum Zeitpunkt der Tat gerade auf Bewährung aus dem Gefängnis entlassen worden.

„Ich bin sehr glücklich mit dem Urteil“, sagte Polizist Lerza nach Verkündung der Strafe durch Bezirksrichterin Jill Rangos gegenüber der „Pittsburgh Tribune Review“. „Ich habe meinen Partner verloren. Und jemanden, der auch zu meiner Familie gehörte.“ Auch der Polizeipräsident von Pittsburgh, Howard McQuillan, zeigte sich zufrieden. „Rush hat nicht nur einen Polizeihund getötet, sondern auch zwei meiner Beamten schwer verletzt. Das sollte man nie vergessen.“

Lerza selbst wurde bei dem für Rocco fatalen Einsatz vom Januar 2014 durch einen Messerstich in die Schulter verletzt. Damals hatten er und Kollegen John Rush in einem Keller eines Haus in Lawrenceville, elf Autominuten nordöstlich von Pittsburgh, gestellt. Der damals 21-Jährige sollte gegen seine Bewährungsauflagen verstoßen haben und war auf der Flucht. Als Rush der Aufforderung der Polizei nicht folgte, aus dem Haus zu kommen und sich zu ergeben, hatten sie Rocco nach ihm geschickt. Rush hatte den Hund dann mit einem Messer attackiert und schwer verletzt. Sein Anwalt nannte das vor Gericht „Notwehr“. Rocco starb trotz sofortiger Hilfe nach mehreren Operationen zwei Tage später in einer Klinik. Wenige Monate nach dem Tod des Hundes unterzeichnete der damalige Gouverneur von Pennsylvania, Tom Corbett, dann das „Rocco-Gesetz“, das die Strafen für die Tötung eines Polizeihundes von sieben auf bis zu zehn Jahre erhöhte. Zusätzlich erwartet Verurteilte künftig eine Geldstrafe von 25.000 Dollar.

Zum Vergleich: In Deutschland gilt die Tötung eines Hundes als Sachbeschädigung, die mit einer Geldstrafe geahndet werden würde. Nur wenn auch eindeutig Tierquälerei vorliegt, wäre eine Haftstrafe von bis zu drei Jahren möglich. Die Polizei kann sich den Hund aber ersetzen lassen. „Da kommen dann schnell einige tausend Euro zusammen“, sagt Rainer Wendt von Deutschen Polizeigewerkschaft.