Birmingham. Polizei ermittelt im Namen der renommierten englischen Crufts Show: Vergiften Hundebesitzer für den Sieg ihres Vierbeiners dessen Konkurrenten?

Mysteriöser Tod nach einer Hundeshow: Die Besitzer eines Irish Setters, der kurz nach der Teilnahme an der renommierten englischen Crufts Show gestorben ist, sehen Hinweise auf eine Vergiftung des Hundes. Der Setter namens Jagger sei offenbar mit vergiftetem Rindfleisch bei der Show im englischen Birmingham gefüttert worden, erklärte die Miteigentümerin Dee Milligan-Bott am Sonntag. Laut der Autopsie sei der einzige Moment, zu dem der Hund das Gift verabreicht bekommen haben könne, während der Hundeshow gewesen. Sie habe daher die Polizei eingeschaltet.

Der Hund sei 26 Stunden nach der Teilnahme an der Show gestorben, teilte der Veranstalter The Kennel Club mit und drückte den Besitzern sein "herzliches Mitgefühl" aus. Zugleich betonte er aber, dass die Ergebnisse der Toxikologie-Prüfung erst kommende Woche vorliegen würden, so dass bisher keine Klarheit über die Todesursache bestehe. Jagger hatte bei dem Wettbewerb den zweiten Platz in seiner Klasse gewonnen. Insgesamt nehmen an dem seit 1891 abgehaltenen Wettbewerb fast 22.000 Hunde teil, davon knapp 3000 aus dem Ausland.

Zwar ist das Preisgeld bei der traditionsreichen Show mit gerade einmal 100 Pfund (140 Euro) eher mager, doch können die Besitzer mit ausgezeichneten Hunden viel Geld mit der Zucht verdienen. Angesichts des harten Wettbewerbs wächst die Sorge, dass Besitzer mit dreckigen Tricks versuchen, Konkurrenten auszuschalten. Die diesjährige Show, die am Sonntag zu Ende ging, wurde von dem Scottish Terrier Knopa gewonnen, der sich gegen einen schwarzen Retriever, einen schwarz-weißen Bearded Collie, einem Alaskan Malamute und einen winzigen Malteser durchsetze.

Die Crufts Show

Am Morgen tragen viele Wettbewerbsteilnehmer noch Lockenwickler und Fußschutz. Pickles (6) hängen ein Dutzend Schaumstoffknubbel um die haarige Schnauze. „Damit sie sich nicht schmutzig macht“, sagt Dave, Besitzer der polnischen Niederungshütehündin. „Sie tritt morgen an.“ Wer am Hauptwettbewerb der weltweit wohl größten Hundeschau Crufts teilnimmt, darf keine Futterreste in den Zotteln herumtragen.

Ein paar Meter weiter ist Dante (4) schon voll in Aktion. Der Golden Retriever ist zum Tanzen mit Frauchen Jeanette Fyfe aus Schottland zur Crufts-Show ins englische Birmingham gefahren. Zu schmissiger Countrymusik dreht Dante sich im Kreis, trabt, stoppt und streckt im Rhythmus die Pfoten vor. „Man muss die richtigen Lieder finden“, erklärt Jeanette, die über ihr Alter „jenseits der 60“ sagt. „Sonst schaut er einen schräg an.“ Hunde hätten ein feines Gespür für Musik.

Was Frau und Hund da tun, heißt „Heelwork to music“ und ist seit den 1990er Jahren ein Hundesport. In der Showarena, die 7000 Zuschauern Platz bietet, treten die Fortgeschrittene auf - die Hundenamen sind ausgefeilter. Beagle-Dame Dialynne Making Waves tanzt mit Frauchen Lucy Creek Szenen aus „Alice im Wunderland“, Collie Legacy's Eze Ezekiel hilft Besitzerin Christine Oxtoby schwungvoll beim Kellnern.

„Tricks mit Musik“

Freistil-Heelwork heiße eigentlich „Tricks mit Musik“, bemerkt der Moderator treffend. Das Rhythmusgefühl der Tiere ist beeindruckend. Nicht weniger feinmotorisch geht es in Sprungwettbewerben und Hindernisparcours zu, auch in der Disziplin „Gehorsam“ treten die Tiere vier Tage lang gegeneinander an. In Kinderwettbewerben zeigen schon Sechsjährige, wie gut ihre Haustiere aufs Wort hören.

Andere Hunde, die in zahllosen Boxen auf Auftritte warten, müssen vor allem nach etwas aussehen. Crufts stellt die Freude am Tier in den Vordergrund, doch teure, über zig Generationen „rein“ gehaltene Rassen spielen eine große Rolle. Das ruft Kritiker auf den Plan. Ein Ruck ging nach 2008 durch die Szene: Die Dokumentation „Pedigree Dogs Exposed“ zeigte Hunde, die unter chronischen Schmerzen leiden, epileptische Anfälle haben oder kaum atmen können. Die Doku prangert an, dass manche Züchter Welpen töten, denen bestimmte Merkmale fehlen.

Der in der Züchterszene einflussreiche Kennel Club, der Crufts organisiert, überprüfte daraufhin Rassestandards und legt nun großen Wert darauf, „dass nur gesunde Hunde Preise gewinnen, was wiederum die Zucht gesunder Hunde befördert“. Trotzdem nennt Tierarzt Marc Evans, der regelmäßig im britischen Fernsehen auftritt, Crufts auch 2015 die „deprimierendste Woche des Jahres“. Das Konzept komme aus dem 19. Jahrhundert und sei nicht zeitgemäß, schrieb er auf Twitter.

21.000 Hunde

Die meisten der mehr als 21 000 vierbeinigen Teilnehmer wirken vor den Wettbewerben allerdings entspannter als ihre Besitzer. Wenn etwas schief geht, entgleiten denen schon mal die Gesichtszüge.

Fast 3000 Hunde kommen aus dem Ausland nach Birmingham, sogar aus Kanada, Brasilien und Südkorea sind Anmeldungen eingegangen.

Neben Shows und Wettbewerben können Hundebesitzer viel Geld in Birmingham lassen. Messestände bieten alles von Bio-Leckerlis über Bettchen im Union-Jack-Design bis zur Nobel-Hundehütte mit Laufband, Snackautomat und Fernseher. Trendbewusste Vierbeiner können sogar Selfies knipsen, indem sie sich auf eine Matte setzen - natürlich gehen die Fotos sofort online. Falls Hund sich mal erleichtern muss, stehen Außenbereiche mit Putzservice zur Verfügung. Gebellt wird bei Crufts übrigens überraschend wenig. Dafür sind Pickles, Dante und Legacy's Eze Ezekiel zu gut erzogen - und wohl zu sehr an ihr Dasein als tierischer Star gewöhnt.

(dpa/AFP)