Die schweren Überschwemmungen in Pakistan breiten sich in Richtung Süden aus. Das Deutsche Rote Kreuz meldet erste Cholera-Fälle.

Berlin/Kot Addu/Nowshera. Nachdem das Jahrhundertwasser in Pakistan mehr als 1.500 Menschen in den Tod gerissen hat, drohen weitere Opfer durch den Ausbruch der Cholera. Es seien schon etliche Fälle registriert worden, sagte der Leiter des Büros des Roten Kreuzes in Islamabad, Dirk Kamm, am Mittwoch. Während das Hochwasser im Nordwesten des Landes allmählich zurückgeht, wurden am Mittwoch Hunderte Dörfer in der weiter südlich gelegenen Provinz Punjab überschwemmt. In den Bezirken Layyah und Muzzafargarh, wo der Indus über die Ufer trat, stand das Wasser teilweise so hoch, dass nur noch Baumwipfel und die oberen Stockwerke einzelner Gebäude zu sehen waren. Seit Sonntag mussten allein in der Stadt Kot Addu und Umgebung rund 30.000 Menschen vor den Fluten gerettet werden, wie ein Militärsprecher am Mittwoch mitteilte. In der gesamten Provinz Punjab wurden nach Angaben der Vereinten Nationen bereits 15.000 Häuser zerstört. Insgesamt sind von den Überschwemmungen nach Uno-Angaben 3,2 Millionen Menschen betroffen . Seit Beginn des Monsuns im Juli sei 25 bis 30 Prozent mehr Regen gefallen als sonst in dieser Jahreszeit, sagte der Leiter des pakistanischen Wetterdienstes, Muhammad Hanif. Es wird erwartet, dass das Hochwasser nach Punjab auch die Provinz Sindh im Südosten Pakistans erreicht. Die Uno erwartet dort die schwersten Überschwemmungen in 34 Jahren.

Pakistanische Flutopfer wütend über fehlende Hilfe

Unter den Flutopfern in Pakistan wächst der Ärger über die langsame Hilfe der Regierung. Hunderte aufgebrachte Pakistaner demonstrierten am Mittwoch in der Stadt Nowshera in einer der am stärksten von den Fluten betroffenen Gegenden. Sie forderten in Sprechchören eine bessere Versorgung mit Lebensmitteln und dringend benötigten Medikamenten.

Die aufgewühlte Menge blockierte eine Straße und warf mit Steinen auf vorbeifahrende Autos. „ Wir sitzen hier mit leeren Händen und haben weder Geld noch etwas zu essen“, sagte das Flutopfer Jalal Khan. „Unsere Kinder sterben in den Krankenhäusern, weil keine Medikamente da sind, nicht mal Impfstoff gegen die Cholera.“

Die pakistanische Regierung und die Hilfsorganisationen versuchen weiter, sauberes Wasser, Lebensmittel und Medikamente in die betroffenen Gebiete zu bringen. Einige sind aber weiterhin schwer zu erreichen, weil die Verkehrsinfrastruktur weitgehend zerstört ist. Vor allem eine größere Region im Swat-Tal im Nordwesten des Landes ist von jeder Hilfe abgeschnitten.

Auch Präsident Asif Ali Zardari wird in der Heimat von Opfern und der Opposition heftig kritisiert, weil er trotz der schlimmen Flutkatastrophe Staatsbesuche in Frankreich und Großbritannien absolvierte. „Was ist er nur für ein Mensch? Er hat kein Herz für sein eigenes Volk“, sagte Demonstrant Abdullah Jaan in Nowshehra. Vor allem ein zweistündiger Abstecher Zardaris in einem Palais seiner Familie in der Normandie erregte die Gemüter.

Die pakistanischen Behörden versuchen derweil, mit 47 Armeehubschraubern und 450 Booten Tausenden Menschen zu helfen, die immer noch unter freiem Himmel leben. Die USA haben angekündigt, sechs Hubschrauber zum Transport zu schicken. Das Uno-Welternährungsprogramm (WFP) schätzt, dass rund 1,8 Millionen Menschen in den kommenden sechs Monaten auf Hilfen aus dem Ausland angewiesen sein werden.

Auch deutsche Hilfe ist auf dem Weg. So machte sich am Mittwoch ein Konvoi von Care aus elf Lastwagen mit Zelten, Tüchern, Moskitonetzen, Plastikmatten, Küchenutensilien, Wasserreinigungstabletten und Hygieneartikeln in Pakistan auf dem Weg in die überflutete Provinz Khyber Pakhtunkhwa. Care, das DRK und andere Organisationen helfen zudem mit mobilen Kliniken.