Der Moderator bleibt weiter in Haft. Mutmaßliches Vergewaltigungsopfer sei “glaubwürdig“. Ein Gutachten spricht aber dagegen.

Mannheim. Das juristische Verwirrspiel im Fall Jörg Kachelmann ist seit gestern um eine Facette reicher. Denn das Landgericht Mannheim entschied nicht nur, dass der TV-Wettermoderator wegen Verdachts einer schweren Vergewaltigung bis auf Weiteres in Untersuchungshaft bleiben muss, sondern es legte sich in der Begründung auch öffentlich fest, dass es den Anschuldigungen des mutmaßlichen Opfers Glauben schenke, nicht aber Kachelmann, der die Vorwürfe bestreitet.

Die Aussagen Kachelmanns, 51, wirkten unter anderem "im Hinblick auf das sich aus den Akten ergebende Bild seiner Persönlichkeit und der Persönlichkeit des mutmaßlichen Opfers sowie der Eigenart ihrer Beziehung als wenig plausibel", befand das Gericht. Die Angaben der 37-jährigen Ex-Freundin Kachelmanns bezeichnete es dagegen als glaubwürdig. Obgleich Rechtsexperten ein solches Vorgehen für einwandfrei halten, liest sich die Begründung wie eine Festlegung, ohne dass bislang klar ist, ob das Gericht überhaupt ein Hauptverfahren zulässt.

Die Positionierung der Richter ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass inzwischen etliche Details aus einem Gutachten bekannt wurden, welches die Glaubwürdigkeit der 37-Jährigen schwer erschüttert. Das mutmaßliche Opfer berichte "zum Teil Unwahrscheinliches bis Unmögliches", zitiert zum Beispiel der "Spiegel" aus der Expertise, die die Staatsanwaltschaft nach Kachelmanns Festnahme am 20. März in Auftrag gegeben hat. Kachelmann hat zwar die Angaben der Frau bestätigt, dass er sie in der Nacht zum 9. Februar besucht habe, mit ihr intim gewesen und es danach zu einer Eifersuchtsszene gekommen sei. Doch er bestreitet ihre Behauptung, daraufhin hasserfüllt über sie hergefallen zu sein. Auch andere Ermittlungserkenntnisse deuten darauf hin, dass die Aussagen der Frau in wichtigen Teilen unglaubwürdig seien.

Dennoch muss Kachelmann nach mittlerweile 15 Wochen U-Haft in seiner Zelle ausharren. Sein Anwalt Reinhard Birkenstock hat bei der nächst höheren Instanz, dem Oberlandesgericht Karlsruhe, Antrag auf Haftprüfung gestellt. Es will kommende Woche zumindest einen Verhandlungstermin dafür nennen. Kommt es zum Hauptverfahren, stehen die Chancen für Kachelmann nach den gestrigen Einlassungen der Mannheimer Richter schlecht.

Arnd Hüneke, Strafrechtsexperte an der Universität Hannover, sagte dem Abendblatt: "Wenn das Gericht von einem dringenden Tatverdacht spricht, dann muss es die Überzeugung haben, dass der Beschuldigte später mit einer weit überwiegenden Wahrscheinlichkeit verurteil wird." Hüneke erklärt zudem das Auseinanderdriften der zwei Meinungen zu dem Gutachten: "Solche Gutachten sind keine Mathe-Aufgabe à la eins plus eins, sie haben also kein eindeutiges Ergebnis. Vielmehr müssen sie interpretiert werden. Und eine zu hundert Prozent richtige Auslegung gibt es nicht."

Indessen wird die Frage diskutiert, ob Birkenstock der richtige Anwalt für Kachelmann sei: Er sei mit seiner Strategie ein "Problem" für Kachelmann, befand die "Zeit". Birkenstock hatte zuletzt harsche Vorwürfe gegen die "Mannheimer Justiz" erhoben, indem er beispielsweise von einem "Justizskandal" sprach. Dazu Arnd Hüneke: "Eine konfrontative Art der Verteidigung kann durchaus sinnvoll sein. Nicht zuletzt natürlich für den Verteidiger selbst, der durch ein großes Medienecho seine Bekanntheit und seine Klientel erweitern kann."