Die Ersatzteile müssen eigens angefertigt werden. Nur eine Linie der New Yorker U-Bahn fährt mit Computer-Technik. Die Modernisierung dauert Jahre – und sorgt für Baustellen-Ärger.

New York. Sechs Millionen Fahrten pro Tag machen die New Yorker mit der U-Bahn. Das größte deutsche U-Bahnnetz in Berlin transportiert pro Tag lediglich 1,35 Millionen Fahrgäste. Aber im Gegensatz zu Berlin ist der größte Teil des Netzes technisch vollständig veraltet – das Signalsystem entstand noch zu Zeiten der Weltwirtschaftskrise vor 85 Jahren. Die museumsreife Technik basiert auf elektromechanischer Übertragung mit Tausenden von sich bewegenden Teilen, von denen jedes Einzelne jederzeit kaputt gehen kann. In den Leitstellen sitzen die Verkehrsmeister nicht etwa vor Bildschirmen, sondern sie protokollieren ihre Arbeit noch mit Stift und Papier.

Schritt für Schritt soll jetzt die Technik auf den aktuellen Stand gebracht werden, vor allem, um die Zugtakte verdichten zu können und mehr Züge gleichzeitig und sicher auf die Strecke bringen zu können. Vorsichtige Schätzungen gehen allerdings davon aus, dass das für die 1127 Kilometer Gleislänge im Bauch der Megacity rund 20 Jahre dauern könnte.

Fast zwei Dutzend Linien hat das zerklüftete New Yorker U-Bahnnetz (in Berlin sind es zehn), und nur eine davon – die L-Linie zwischen Manhattan und Brooklyn – besitzt eine zeitgemäße computergestützte Signalsteuerung. An der Linie 7 haben die Modernisierungsarbeiten begonnen, aber es wird bis Ende 2017 dauern, bis sie beendet sein werden.

In den kommenden Jahren werden sich die U-Bahnkunden wohl auf einige Streckenunterbrechungen, Baustellen, Verspätungen und Betriebsunterbrechungen an den Wochenenden einstellen müssen, denn im laufenden Betrieb können nicht alle Arbeiten ausgeführt werden.

„Wir sind jetzt schon am Limit dessen, was die Originaltechnik befördern kann“, gibt Adam Lisberg von der U-Bahnbehörde MTA zu. Aber er verspricht, dass die Sicherheit immer gewährleistet ist. „Die Technik ist alt, aber sie funktioniert immer noch echt gut“, sagt er, während ein 400 Tonnen schwerer Zug durch die Greenwich Village Station donnert. Das Hauptproblem sei, für die elektromechanischen Signale Ersatzteile zu bekommen – oft müssen sie auf Bestellung extra angefertigt werden, weil es die Firmen, die sie früher produziert haben, gar nicht mehr gibt.

In der Station Greenwich Village ist eine der 22 Leitstellen. Die Verkehrsmeister arbeiten mit antiquierter Funktechnik und verfolgen auf Lichtertafeln die jeweilige Position der Züge. Ein riesiger Schrank mit großen Hebeln steht im Raum, von dort aus werden die Signale über Relais gesteuert, die einst der letzte technische Schrei waren – zu Zeiten, als man noch mit dem Luftschiff „Hindenburg“ über den Atlantik fuhr.

Das genaue Gegenteil zeigt sich in der volldigitalen Leitstelle der Zukunft hinter den Türen der 14th Street Station in Manhattan. Der High-Tech-Kommandostand erlaubt einen Fünfminutentakt auf der L-Linie, die für die Fahrt zwischen den beiden Endbahnhöfen 37 Minuten braucht. Auf den mechanisch betriebenen Linien kommt nur alle acht Minuten ein Zug.

Die moderne Technik der Leitstelle der L-Linie scheint nicht so recht in die Hinterräume des U-Bahnhofs zu passen: Die Farbe blättert von den Wänden ab und alte Metallspinde stehen neben futuristisch blinkenden Kontrollmonitoren, mit denen eine vollautomatische Steuerung der Signale ermöglicht wird. Die Taktverdichtung auf der L-Linie war nicht zuletzt deshalb dringend nötig, weil der Verkehr in den Ortsteil Williamsburg in Brooklyn immer mehr zunahm.

Bis zu 205 Millionen Euro wird der Umbau des Systems kosten – pro Leitstelle. Finanziert werden soll das aus öffentlichen Mitteln der Stadt New York, dem Bundesstaat und Geld aus Washington. Allerdings ist in dem Fünfjahres-Finanzierungsplan noch eine Lücke von rund 12 Milliarden Euro. Aber es bestehe kein Zweifel daran, dass dringend begonnen werden muss, sich den modernen Signalsystemen anzupassen, die in europäischen U-Bahnsystemen wie London oder Paris längst Standard sind, sagt Nabil Ghaly.

Bevor er vor sieben Jahren in Rente ging, war er der oberste Signalwerker der MTA. Er sagt: „New York ist riesig und das Geld war in den vergangenen Jahrzehnten begrenzt. Jetzt müssen wir aufholen.“