Student will für Geheimdienst, Regierung und König gearbeitet haben – man glaubte ihm

Madrid. Wenn kurz vor Mitternacht mehr als 2,7 Millionen Spanier sich ein Fernsehprogramm ansehen, wird in der Regel ein Fußballspiel übertragen. Diesmal war in der TV-Sendung des Kanals Telecinco aber kein Fußballer wie Cristiano Ronaldo oder Lionel Messi zu sehen, sondern ein junger Mann, den die Justiz als einen Hochstapler und notorischen Wichtigtuer betrachtet.

Francisco Nicolás Gómez erläuterte in einem TV-Interview, wie er es geschafft hatte, bis in die höchsten Kreise der spanischen Politik vorzudringen. Der 20-jährige Student mit den blauen Augen und dem kindlichen Gesichtsausdruck hatte König Felipe VI. die Hand geschüttelt und sich zusammen mit Politikern wie dem Ex-Regierungschef José María Aznar, dem EU-Kommissar Miguel Arias Cañete oder der Madrider Bürgermeisterin Ana Botella ablichten lassen.

Der „kleine Nicolás“, wie der junge Mann in der spanischen Presse genannt wird, war im Oktober festgenommen worden, nachdem er von Unternehmern dafür Geld verlangt hatte, dass er sich mit seinen angeblichen Kontakten zu Spitzenpolitikern für sie einsetzen würde. Der Aufschneider wurde unter Auflagen auf freien Fuß gesetzt, danach wurde es kurze Zeit still um ihn. Aber nun trat er als Medienstar erneut ins Licht der Öffentlichkeit. Gegen den Rat seines Anwalts gab er der Zeitung „El Mundo“ ein langes Interview und trat im TV-Sender Telecinco auf.

Er spielte keineswegs den reumütigen Sünder, sondern tönte lauthals: „Ich habe für den Geheimdienst CNI, für die Regierung und für das Königshaus gearbeitet.“ Nur wenige Stunde später folgte eine Serie von Dementis. Der spanische Geheimdienst, die Vizeregierungschefin Soraya Sáenz de Santamaría und der königliche Palast bestritten, dem „kleinen Nicolás“ irgendwelche Aufträge gegeben oder mit ihm zusammengearbeitet zu haben.

Allerdings waren die Behauptungen des jungen Mannes keine reinen Lügengeschichten. Sie enthielten auch gewisse Teilwahrheiten. Nicolás hatte bestritten, sich beim Empfang von Felipe VI. nach dessen Krönung illegal in den königlichen Palast eingeschlichen zu haben. Dies stimmte, allerdings war er nicht persönlich eingeladen gewesen. Wie der frühere Pressechef des Königshauses, Javier Ayuso, berichtete, hatte der junge Mann es geschafft, als „Begleiter“ einer Unternehmerin an dem Empfang teilzunehmen.

Der Student war bereits als Jugendlicher in der Zentrale der konservativen Volkspartei (PP) ein- und ausgegangen und hatte sich den Anschein gegeben, über gute Kontakte zur Parteispitze zu verfügen. Fotos, auf denen er mit bekannten Politikern zu sehen ist, verbreitete er über die sozialen Netzwerke im Internet und gab sich damit den Anschein der Wichtigkeit.

Allerdings wundert man sich in Spanien darüber, wie es ihm gelingen konnte, bei höchsten Stellen vorgelassen zu werden. „Man kann nicht verstehen, wie ein 20-Jähriger mit seinem Geschwätz es schaffte, an Konferenzen und wichtigen Treffen teilzunehmen, ohne dass sein Verhalten irgendeinen Verdacht erweckte“, konstatierte die zuständige Ermittlungsrichterin. Die Zeitung „El Periódico“ meint: „Dass ein Schelm mit seinen Prahlereien und ein paar Fotos die höchsten Kreise der Politik hereinlegt, zeigt die Schwächen der Klasse der Politiker und Unternehmer. Das Problem liegt nicht allein bei Nicolás und dessen Spinnereien.“